Welche Sprachen lernen die Deutschen? Ein historischer Überblick

Welche Sprachen lernen die Deutschen und wie hat sich die Auswahl der Fremdsprachen historisch verändert? Ein Überblick.
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Fremdsprachen zu lernen ist wichtig. Die meisten Deutschen haben das erkannt. Manchen geht es um berufliches Weiterkommen – immerhin leben wir in einer globalisierten Welt und die Wirtschaft Deutschlands hängt erheblich vom Export ab. Andere glauben an den europäischen Gedanken und lernen fleißig die Sprachen ihrer Nachbarländer. Wieder anderen geht es um die Verständigung mit Geflüchteten. Manche wollen sich einfach nur im Urlaub unterhalten können. Und wieder andere werden in der Schule schlicht dazu gezwungen …  Egal, welche Motivation dahinter steckt, fest steht: In Deutschland werden fleißig Sprachen gepaukt. Aber welche Sprachen lernen die Deutschen? Wir gehen dieser Frage genauer auf den Grund.

Welche Sprachen lernen die Deutschen? Ein historischer Überblick

Von der Gründung des Deutschen Reichs …

Sprachenlernen in Deutschland gibt es schon länger als es Deutschland gibt. Und natürlich war auch mit der Gründung des Deutschen Reichs im Jahr 1871 nicht alles sofort vereinheitlicht. Gymnasien gingen in Deutschland aus Lateinschulen hervor. Demzufolge sind die Sprachen, die im frühen 19. Jahrhundert auf dem gymnasialen Lehrplan standen, keine Überraschung: Als erste Sprache wurde Latein unterrichtet, dann Altgriechisch und als dritte Fremdsprache Französisch. In Seminarschulen, die ihre Schüler auf die Priesterlaufbahn vorbereiten sollten, stand dagegen Hebräisch an dritter Stelle.

In den Jahrzehnten bis 1900 entstanden zudem das Realgymnasium und die Oberrealschule als zum Abitur hinführende Schultypen. Im Realgymnasium wurden neben Latein auch die modernen Sprachen Englisch und Französisch unterrichtet. In den Oberrealschulen, die sich durch einen mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichtsschwerpunkt auszeichneten, gab es sogar eine komplette Abwendung von den toten Sprachen. Hier standen nur Englisch und Französisch auf dem Lehrplan.

… über die Zeit des Nationalsozialismus …

In der Zeit des Nationalsozialismus und der einhergehenden fanatischen Zentrierung auf alles „Deutsche“ hatte Fremdsprachenunterricht eine untergeordnete Rolle. Schule war nach Hitlers Ansicht vor allem eine Vorstufe zum Wehrdienst.

… bis hin zum geteilten Deutschland

Eine Vereinheitlichung aller Aspekte des Schulwesens, und damit auch des Fremdsprachenunterrichts an deutschen Schulen, erfolgte schließlich im Jahr 1964 durch das Hamburger Abkommen. In den neu gebildeten Hauptschulen wurde ab der fünften Klasse Englisch unterrichtet.

Auf der anderen Seite der Mauer sah das natürlich etwas anders aus. Hier war ab 1965 Russisch ab der fünften Klasse erste Fremdsprache, ab der siebten Klasse konnten Englisch oder Französisch dazu gewählt werden.

Vom wiedervereinigten Deutschland bis heute

Obwohl sich seit der Wiedervereinigung Deutschlands die Lernsprachen angenähert haben und Fremdsprachen flächendeckender und früher als je zuvor unterrichtet werden (zum Beispiel wird ab dem Schuljahr 2004/05 Englischunterricht flächendeckend in den Grundschulen aller Bundesländer angeboten), lassen sich immer noch regionale Unterschiede erkennen.

Diese Unterschiede lassen sich häufig auf die Nachbarländer der jeweiligen Bundesländer zurückführen: Beispielsweise findet in Schleswig-Holstein teilweise Sprachunterricht für Dänisch statt. In Nordrhein-Westfalen wird Niederländisch angeboten. In Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern findet in Grenznähe Polnisch als Unterricht statt. In Sachsen und Thüringen befindet sich Russisch wieder im Aufschwung. Und in Berlin gibt es viele verschiedene Sprachkurse wie Spanisch und Türkisch.

Nun mal zu den harten Fakten: Welche Sprachen lernen die deutschen Schüler heutzutage?

Das Bundesamt für Statistik hat Daten veröffentlicht, welche Sprachen Schüler an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen im Schuljahr 2016/2017 gelernt haben. Die Zahlen wurden absolut angegeben – beachte, dass es in den meisten Bundesländern zwei Fremdsprachen zum Abitur braucht.

In allgemeinbildenden Schulen überraschen die Ergebnisse kaum:

  1. Englisch steht mit 7.184.236 Lernenden an erster Stelle.
  2. Es folgt Französisch mit 1.475.793 Schülern.
  3. Immerhin noch 632.056 Schüler lernen Latein.
  4. Spanisch lernen 425.066 Schüler – das könnte bald anders aussehen, denn die Sprache befindet sich stark im Aufschwung.
  5. Russisch lernen 108.981 Schüler.
  6. 88.022 Schüler widmen sich anderen Sprachen.
  7. 50.594 Schüler lernen Italienisch.
  8. Türkisch wird von 47.148 Schülern gelernt.
  9. Altgriechisch schafft es als tote Sprache auch noch in unsere Liste: 11.768 Schüler lernen es.

Und welche Sprachen lernen die deutschen Schüler an Berufsschulen? Es ergibt sich ein etwas anderes Bild:

  1. An erster Stelle steht immer noch Englisch mit 1.365.929 Schülern – keine Überraschung hier!
  2. An die zweite Stelle hat es in beruflichen Schulen bereits Spanisch geschafft. 129.402 Schüler lernen es.
  3. Auf dem dritten Rang folgt Französisch mit 68.108 Lernenden.
  4. Platz 4 belegt Russisch mit 14.941 Schülern.
  5. Knapp dahinter folgen sonstige Sprachen, die zusammen von 14.013 Schülern gelernt werden.
  6. Mit großem Abstand dahinter liegt Italienisch mit 4714 Schülern.
  7. Nur etwa halb so viele Schüler (2007) lernen Latein.
  8. Auf Platz 8 ist Türkisch mit 671 Schülern.
  9. Auf Platz 9 hat es mit 117 Schülern auch hier Altgriechisch geschafft.

Du siehst also: Englisch gehört heutzutage einfach dazu. Aber auch eine Sprache zu lernen, die nicht ganz so weit verbreitet ist, kann dir viele Türen öffnen.

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Katrin Sperling

Katrin Sperling ist in Potsdam geboren und aufgewachsen und hat nach dem Abitur ein Jahr in Toronto, Kanada verbracht. Weil ihr Hogwarts-Brief zu ihrem 20. Geburtstag im Jahr 2011 immer noch nicht angekommen war, musste sie schließlich die Realität akzeptieren und studierte Englische und Deutsche Linguistik in Berlin. Zum Glück erwies sich die Linguistik als genauso magisch, weswegen Katrin sehr glücklich ist, jetzt für das Babbel Magazin über Sprachen zu schreiben.

Katrin Sperling ist in Potsdam geboren und aufgewachsen und hat nach dem Abitur ein Jahr in Toronto, Kanada verbracht. Weil ihr Hogwarts-Brief zu ihrem 20. Geburtstag im Jahr 2011 immer noch nicht angekommen war, musste sie schließlich die Realität akzeptieren und studierte Englische und Deutsche Linguistik in Berlin. Zum Glück erwies sich die Linguistik als genauso magisch, weswegen Katrin sehr glücklich ist, jetzt für das Babbel Magazin über Sprachen zu schreiben.