Der wahre Grund, warum Menschen über 50 so gut im Sprachenlernen sind

Eine über Fünfzigjährige erklärt, welche Vorteile sie beim Sprachenlernen erfahren hat
How I learned a language later in life

Das wohlbekannte Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ scheint ältere Menschen davon abzuhalten, eine neue Sprache zu lernen. Sind wir aber einmal realistisch: Es stimmt, dass wir alle verschieden schnell und auf unterschiedliche Art lernen. Aber dass ältere Menschen nicht lernen können, ist keine Regel – schon gar nicht, wenn wir wirklich Interesse am Lernen haben und uns darauf fokussieren, unsere Ziele zu erreichen. Eine neue Sprache zu lernen, selbst nach 50, ist extrem zufriedenstellend, vermindert Stress, trainiert das Gehirn und – als wäre das nicht schon genug – hilft uns dabei, unsere Konzentrationsfähigkeit zu erhalten.

Das Gehirn bekommt im Alter keine Falten, leider sieht das mit der Haut anders aus. Trotzdem durchgeht unser Gehirn einige Veränderungen, die die Art, wie es Informationen speichert, verlangsamt. Tatsächlich sind Sprachkurse für ältere Menschen sehr üblich. Also machen wir uns nichts vor: Es ist nicht die Sache, dass Hans nimmermehr lernen kann. Aber Hans hat endlich ein Alter erreicht, wo er entscheiden kann, was, wann und wie er lernt.

Eine Sprache im Alter lernen: unmöglich?

Fehlvorstellungen über Lernen im Altern bewirken, dass Menschen die Idee, eine neuen Sprache zu lernen, aufgeben, ohne es überhaupt versucht zu haben. Hinzu kommt, dass Menschen über alle Vorteile hinwegsehen, die mit dem Alter kommen. Sobald wir unsere Vierziger erreichen, werden wir uns bewusster, was wir wollen und warum wir es wollen. Wir haben die nötige Reife, um Schwierigkeiten mit Durchhaltevermögen zu überwinden. Außerdem haben wir typischerweise genug Zeit, um eigenständiges Lernen möglich zu machen. In unseren Fünfzigern fangen wir an, verschiedene Dinge zu wollen, nicht nur für andere Menschen, sondern auch für uns selbst. Wir suchen nach persönlicher Erfüllung und neuen Herausforderungen.

Es gibt keinen besseren Denksport, als eine neue Sprache zu lernen.

Wenn wir uns also bemühen, einer gesunden Lebensweise zu folgen, uns um unseren Körper zu kümmern und Sport zu treiben, sollten wir auch sichergehen, täglich unser Gehirn zu trainieren. Eine neue Sprache zu lernen erhält das Gehirn in optimaler Kondition. Es dient als Werkzeug dafür, Gedächtnisschwund zu vermindern und neurologische Regeneration zu steigern. Es ist nachgewiesen, dass diese Vorteile sogar bis ins hohe Alter anhalten.

Was ist der erste Schritt beim Sprachenlernen?

Sobald wir uns entschieden haben, eine neue Sprache zu lernen, ist der erste Schritt, sich auf eine Sprache festzulegen. Warum  wollen wir diese Sprache lernen? Für den Urlaub, um die Kultur in unserem eigenen Land besser kennenzulernen oder als eine persönliche Herausforderung? Mein Traum als Mädchen war es, Deutsch zu lernen. Durch die Irrungen und Wirrungen des Lebens sollte dieser Traum lange begraben sein – aber nicht vergessen.

Als es bei mir auf die Fünfzig zuging und meine Kinder erwachsen waren, hatte ich mehr Zeit für mich selbst. Da grub ich den Traum aus und stürzte mich auf das Abenteuer, Deutsch zu lernen. Am Anfang meiner Reise kannte ich nur ein Wort: Hallo. Jetzt, fünf Jahre später, lerne ich immer noch. Und ich werde mein Gehirn noch deutlich länger trainieren mit dieser wundervollen, strukturierten und komplizierten Sprache, die meine neue Leidenschaft geworden ist. Nachdem ich das aufregende Universum der Sprachen entdeckt habe, möchte ich sogar noch ein paar mehr lernen.

Wir müssen keine Angst davor haben, durch unsere Erinnerungen zu kämmen und einige Träume herauszupicken, die wir auch jetzt noch verwirklichen können.

Was müssen wir beim Sprachenlernen im Alter beachten?

Nach der Sprachwahl folgt die Festsetzung einer eigenen Lernstrategie. Setze dir vernünftige Ziele; das heißt solche, die du auch wirklich erreichen kannst. Versuch nicht, alle Vokabeln in einer einzigen Sitzung zu lernen. Sprachenlernen braucht Übung, Geduld und Ausdauer. Entwickle neue Gewohnheiten:

  • Reserviere dir eine bestimmte Zeit zum Lernen
  • Höre jeden Tag ein paar Lieder und einen Podcast
  • Lese ein paar kurze Texte oder Kindergeschichten
  • Schlage neue Wörter in einem Wörterbuch nach
  • Schreibe deine Einkaufsliste in deiner Lernsprache

Die wunderbare Angewohnheit vieler älterer Menschen, Dinge niederzuschreiben, um nichts zu vergessen, ist extrem nützlich beim Sprachenlernen! Unser visuelles Gedächtnis wird dadurch stimuliert. Tricks, wie das Beschriften von Haushaltsartikeln mit Klebezetteln in deiner Lernsprache, helfen dir, Informationen zu behalten. Außerdem kreieren sie in deinem Gehirn eine Assoziation zwischen dem Gegenstand und dem Wort. Auf diese Weise wirst du bestimmte Wörter den ganzen Tag lang wiederholen und dein Vokabular wird sich erweitern, ohne dass du darüber nachdenkst.

Langsam, aber sicher ist unser Motto für Sprachenlernen im Alter.

Wir wissen, dass 20 Minuten Lernen am Tag genug sind, um dran zu bleiben, ohne dein Gehirn zu überladen. Wenn du eine tägliche Routine kreieren willst, die länger als dieses Limit ist, ist es ratsam, zwischendurch Pausen einzulegen und dann das zu wiederholen, was du vorher gelernt hast.

Über 50 … und computergewandt!

Ältere Menschen bekommen endlich die Aufmerksamkeit von Technologiefirmen, die wir verdienen. Der nächste Schritt auf unserem Lernweg ist daher, das richtige Mittel für unsere Bedürfnisse zu finden. Babbel kombiniert zum Beispiel Bildung mit Technologie und erleichtert dadurch das Lernen. Die App ist ein gutes Mittel, um langsam eine tägliche Routine aufzubauen. Das Wichtigste ist, sich selbst nicht unter Druck zu setzen oder Angst zu haben, es langsam angehen zu lassen. Geh gelassen und in deiner eigenen Geschwindigkeit an das Lernen heran – auf diese Art ist es unwahrscheinlicher, dass du das Interesse oder die Motivation verlierst. Stell Fragen, wenn du dich verloren fühlst und bitte um Hilfe, um Schwierigkeiten zu überwinden. Das ist ein anderer Vorteil, den wir gegenüber jüngeren Menschen haben: Wir haben keine Angst davor, Fragen zu stellen und gemeinsam Lösungen zu finden.

Sprachenlernen ist nicht das, was es einmal war. Es geht nicht mehr darum, sich lange Vokabellisten einzuprägen. Bestimme eine Zahl an Verben, von der du denkst, dass du sie realistisch an einem Tag lernen kannst – es könnten drei oder fünf sein. Versuche, dich an sie zu erinnern, bevor du schlafen gehst oder schreibe ein oder zwei einfache Sätze mit ihnen auf. Und schwupp: Ehe du dich versiehst, sprichst du eine andere Sprache.

Obwohl es bei uns Über-Fünfzigern etwas langsamer mit dem Lernen vorangehen kann, haben wir mächtige Waffen zur Verfügung: Wir sind diszipliniert und beharrlich.

Wir haben die Freiheit, die es uns erlaubt, Zeit mit dem Lernen zu verbringen und das Lernen an unsere Bedürfnisse anzupassen. Unsere Lebenserfahrung hilft uns, Vergleiche zwischen kulturellen Sitten, sozialen Normen und Politik zu ziehen, sodass wir eine Sprache auf einem tieferen Level verstehen können. Wir haben in unserem Leben soziale Kompetenzen entwickelt, sodass wir Gespräche in einer anderen Sprache ohne Angst vor Fehlern führen und Hinweise wohlwollend akzeptieren können. Die Vorteile, die durch das Lernen einer neuen Sprache entstehen, sind quasi unendlich. Die einzigen Beschränkungen sind die, die wir uns selbst setzen. Außerdem ist die persönliche Befriedigung, eine andere Sprache zu meistern, immens – und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wenn ich es geschafft habe, kannst du es auch! Das garantiere ich dir.

Fange heute damit an, eine neue Sprache zu lernen.
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