„Es regnet Taschenmesser!“ – bunte Redewendungen zum Thema Wetter aus aller Welt

Witzige und poetische Ausdrücke für jede Wetterlage in unterschiedlichen Sprachen – damit klingt ihr wie die Einheimischen, vom verschneiten Stockholm bis ins sonnige Sydney.
Artikel Von James Lane
Wetter Redewendungen

„Gespräche über das Wetter sind die letzte Zuflucht des Fantasielosen“, sagte Oscar Wilde einmal. Damit stellt er vielen, wenn nicht sogar allen, Menschen ein ziemliches Armutszeugnis aus. Wetter ist nun mal ein allgegenwärtiges und allgemeines Thema. Ob man sich in Singapur, Stockholm oder Sydney befindet – ein kleiner Satz bezüglich der Naturgewalten stellt allerorts einen unverfänglichen Gesprächsanfang dar.

Redewendungen zum Thema Wetter bereichern jede Sprache. Sie spiegeln sowohl kulturelle Haltungen als auch die lokale Klimastruktur wider. So findet man in nordeuropäischen Ländern natürlich deutlich mehr Redewendungen mit „Schnee-Bezug“ als beispielsweise in Indonesien. Einige Bilder setzen sich über kulturelle Grenzen hinweg – so findet man etwa im Niederländischen, Deutschen, Englischen und in den skandinavischen Sprachen oft ähnliche idiomatische Ausdrücke zum Thema Wetter. Andere Sprachen sind wiederum etwas eigen – so heißt es in der Türkei beispielsweise: Karpuz kabuğu denize düşmeden suya girilmez („gehe nicht ins Wasser, es sei denn, die Wassermelonenschale ist ins Meer gefallen“).

Bevor wir uns voll und ganz in die Welt der Wetter-Redewendungen stürzen noch eine kurze Anmerkung zum furchtbarsten aller Wetter-Klischees: It’s raining cats and dogs („es regnet Katzen und Hunde“). Es gibt zahlreiche Theorien zum Ursprung dieser Redewendung: Wird dabei auf Odin (den nordischen Donnergott, dem eine Verbindung zu Hunden nachgesagt wird) und Hexen (und ihrer Assoziation mit Katzen) angespielt? Könnte es sein, dass ein heftiger Regen einst alle Katzen und Hunde aus ihren strohgedeckten Unterschlüpfen herausgespült hat? Handelt es sich um eine Verfälschung des französischen Archaismus catadoupe, was „Wasserfall“ bedeutet? Oder war es Jonathan Swift, der den Ausdruck durch ein Gedicht aus dem Jahre 1710 prägte? Genau weiß es niemand, doch in jedem Fall hat man mit solcherlei Überlegungen gute Karten, Leute auf Partys zu langweilen. Sicher ist zumindest: Wenn Englisch nicht eure Muttersprache ist und ihr diese Redewendung demzufolge aus eselsohrigen Schulbüchern gelernt habt, benutzt sie nicht. Niemals. Es handelt sich hier um eine jener Phrasen, die Muttersprachler:innen nicht wirklich benutzen und mit der ihr euch eher lächerlich machen werdet.

Deutlich authentischer und kreativer wird es, wenn ihr euch einfach aus dem Französischen bedient und sagt: „Il pleut comme vache qui pisse“ („es regnet wie eine pissende Kuh“). Oder wie wär’s mit der portugiesischen Variante chover canivete („es regnet Taschenmesser“)? Dieser Ausdruck wird häufig verwendet, wenn man betonen will, dass jemand etwas nicht tun wird – nem que chova canivete („selbst, wenn es Taschenmesser regnet“).

Für alles, was mit Eis, Wind, Regen und Schnee zu tun hat, findet man in Skandinavien wunderbare Redewendungen. Wenn in Norwegen beispielsweise etwas längst in Sack und Tüten ist, dann ist das wie snøen som falt i fjor („Schnee vom letzten Jahr“). Die Schweden sagen, dass det som göms i snö, kommer upp i tö („das, was sich im Schnee verbirgt, im Tau herauskommt“) – sinngemäß also, dass die Zeit die Wahrheit ans Licht bringt. Außerdem ist man dort der Meinung, dass det finns inget dåligt väder, bara dåliga kläder („es kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung gibt“). In Russland sieht man das offensichtlich anders: Dort wird gern betont, dass jemand so heftig vor Kälte schlottert, dass зуб на зуб не попадает! – sub na sub ne popadaem („er seine Zähne kaum zusammenhalten kann“). Besondere Erwähnung gebührt dem Ausdruck kar çiftçinin yorganıdır – Türkisch für „der Schnee ist des Bauern Decke“, denn er schützt das Erdreich.

Der Poesie zuliebe ein weiterer türkischer Ausdruck: Gök ağlamayınca yer gülmez („wenn der Himmel nicht weint, kann die Erde nicht lachen“). Ein besonders schöner Reim aus Italien besagt rosso di sera, bel tempo si spera, was so viel heißt wie „je röter der Abend, desto schöner der nächste Tag“. Im Englischen gibt es eine Redewendung, die daraus folgert: Red sky at night, shepherd’s delight, red sky in the morning, shepherd’s warning („roter Himmel am Abend, Freude des Schäfers, roter Himmel am Morgen, des Schäfers Warnung“). In anderen Varianten wird statt des Schäfers ein Seefahrer eingesetzt und dieser Ausdruck scheint sogar faktisch belegt zu sein.

Für wahrhaftige, alles ausdörrende Hitze müssen wir uns in wärmere Sphären begeben. So etwa nach Indien, wo es zur Monsoonzeit अग्नि बरस रही है („Feuer regnet“). Oder nach China, wo 火云如烧 („die Wolken brennen“). In Australien wird ein heißer Tag auch als scorcher oder stinker („heißer Feger“ oder „Stinker“) bezeichnet. Und wenn er es richtig in sich hat, ist es Downunder hotter than a shearer’s armpit („heißer als die Achsel eines Schafscherers“). Da soll noch jemand behaupten, die Australier wären keine Poeten!

Den Ausdruck „wie ein geölter Blitz“ gibt es auch im Niederländischen: als een gesmeerde bliksem. Die deutsche Sprache hat außerdem natürlich Klassiker wie schnell wie der Blitz zu bieten. Nicht sehr überraschend ist die Tatsache, dass in Deutschland besonders Redewendungen zum Regen geprägt wurden: „Jemanden hängen lassen“ ist nun mal fast dasselbe wie jemanden im Regen stehen lassen, und wenn man aus einer schlimmen Situation direkt in die nächstschlimmere herabrutscht, gerät man vom Regen in die Traufe.

Und wenn euch das nächste Mal etwas Sorgen macht, nehmt euch ein Beispiel an den Schweden und låtsas som om det regnar. Steht einfach drüber – „tut so, als ob es regnet“.

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James Lane

James Lane wurde in Sydney, Australien, geboren. Nach seinem Abschluss in Medien- und Kommunikationswissenschaften zog er nach Vietnam. Dort unterrichtete er Englisch und arbeitete als Kurator für ein Sommerprogramm für junge Lerner an einer Sprachschule in Hanoi. Er hat auch als selbstständiger Theaterproduzent und Assistent der Regie beim Film gearbeitet. Momentan lebt er in Delhi, Indien.

James Lane wurde in Sydney, Australien, geboren. Nach seinem Abschluss in Medien- und Kommunikationswissenschaften zog er nach Vietnam. Dort unterrichtete er Englisch und arbeitete als Kurator für ein Sommerprogramm für junge Lerner an einer Sprachschule in Hanoi. Er hat auch als selbstständiger Theaterproduzent und Assistent der Regie beim Film gearbeitet. Momentan lebt er in Delhi, Indien.

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