5 Horror-Situationen, in denen ich es hasse, eine Fremdsprache zu sprechen

Wir bei Babbel glauben an die prägende und bereichernde Kraft von Fremdsprachen, aber uns ist natürlich auch klar, dass auf dem Weg zum Erfolg viele Hindernisse auf dich warten. Auf fünf solcher Situationen werfen wir einmal einen genaueren Blick.
Illustration von Stefano Colferai

Eingangs sollte ich erwähnen: Ich glaube fest daran, dass das Erlernen einer Fremdsprache eine ungemein bereichernde Erfahrung ist, die zu so gut wie jedem Aspekt des Lebens etwas Neues und Prägendes beiträgt. Wie es aber mit den meisten charakterbildenden Erfahrungen nun mal so ist, ist auch hier der Weg kein leichter. In manchen Situationen kann einem das Fehlen einer Vokabel oder das Vergessen einer Grammatikregel jegliches Selbstbewusstsein nehmen. Klar, wenn man diese Momente hinter sich gebracht hat, geht man aus der Erfahrung stärker und wahrscheinlich auch ein wenig kompetenter hervor – trotzdem: Spaß macht es nicht. Hier sind also die Situationen, die für mich zum absoluten Albtraum werden, wenn ich sie in einer fremden Sprache bewältigen soll (okay, Albtraum klingt vielleicht etwas hart …):

1. Beim Friseur

Ich rutsche nervös auf dem Friseurstuhl umher, während ein Typ, den ich gerade mal vor drei Minuten kennengelernt habe, mit einem scharfen Gegenstand in der Hand auf mich zukommt. Willkommen beim Friseur.

Für mich ist so ein Besuch immer ein etwas merkwürdiges soziales Ereignis. Ich denke, es ist selten, dass Menschen sich absichtlich in Situationen begeben, in denen sie derart angreifbar sind. Das wird für mich immer wieder an der bemerkenswert hohen Bereitschaft deutlich, mit der ein Kunde die Vorschläge des Friseurs annimmt. Dennoch fühle ich mich hier nicht in meiner Männlichkeit bedroht – so, wie sich zwei türkische Männer zur Begrüßung einmal auf jede Wange küssen, kann auch der Friseurbesuch zu einer Art von Intimität beitragen, die Maskulinität ausstrahlt.

Okay, aber etwas stört mich schon daran, zum Friseur zu gehen. Es ist erstaunlich schwierig, „hinten und an den Seiten kurz“ in eine andere Sprache zu übersetzen, wenn man sich nicht über die Konnotationen im Klaren ist, die mit dieser Formulierung in der jeweiligen Kultur einhergehen. Zu sagen, was man möchte, ist also wirklich schwierig. Und als ob das nicht genug wäre, muss man auch noch gegen die ganzen Interpretationen ankämpfen, die die aktuellen Modetrends mit sich bringen. Das heißt also, dass ich in den Jahren 2006 bis 2008 jedes Mal, wenn ich in Spanien zum Friseur gegangen bin, mit so etwas wie einem Vokuhila für Anfänger wieder rausgekommen bin: an den Seiten kurz, aber oben genauso voluminös wie hinten.

2. In offiziellen Institutionen oder Ämtern

Wenn man in eine neue Stadt oder ein fremdes Land zieht, muss man zumindest bei ein paar Ämtern vorbeischauen, um einen Wohnsitz anzumelden und eine Sozialversicherungsnummer zu beantragen. Meiner Erfahrung nach tendieren solche Ämter dazu, ausschließlich intolerante Charaktere einzustellen – oder eigentlich geduldige Menschen in ihr komplettes Gegenteil zu verwandeln. Vielleicht ist es ja auch nur der endlose Strom von Leuten, die dort jeden Tag auf gut Glück versuchen, irgendwie die lokale Bürokratie zu bewältigen, der ihnen auf die Dauer einfach zusetzt.

Das erste Mal jedenfalls, dass ich diese Erfahrung gemacht habe, war die Beantragung meiner Sozialversicherungsnummer (um ein produktives Mitglied der Gemeinde zu werden und Steuern zu zahlen) in Valladolid, Spanien. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt gerade mal zwei Wochen lang Spanisch gelernt und war dementsprechend schlecht ausgerüstet für den bevorstehenden Besuch. Als ich den nicht gerade freundlichen Beamten das dritte Mal darum bat, das eben Gesagte zu wiederholen, stand er auf und rief durch den gesamten Raum: „¿Hay alguien aquí que hable inglés?“ – „Ist hier jemand, der Englisch spricht?“

Seitdem ist es natürlich besser geworden; trotzdem ist der Gang aufs Amt immer noch eine Herausforderung – er führt einem schmerzlich das tatsächliche Sprachniveau vor Augen, auf dem man sich befindet. Derlei Formalitäten gehören zu den schwierigsten Bereichen in jeder Sprache – auch in der eigenen Muttersprache! Und die Tatsache, dass ich einen Großteil meiner Sprachlektionen auf einem Barhocker sitzend erworben habe, trägt nicht gerade zur Verbesserung dieser ganz speziellen Herausforderung bei.

3. Wenn man nach dem Weg gefragt wird

Ich liebe es, Städte zu Fuß zu erkunden und ziehe einen halbstündigen Spaziergang jederzeit einer U-Bahnfahrt vor. Ich habe mittlerweile in fünf verschiedenen Städten als Englischlehrer gearbeitet, wobei ich oft mehrmals am Tag von einem Arbeitsplatz zum anderen wechseln musste. Vielleicht habe ich dabei ja eine bestimmte Gangart an mir, die auf andere besonders zielstrebig und vertrauenserweckend wirkt – jedenfalls wurde ich sehr oft von verirrten (oder verwirrten?) Touristen nach dem Weg gefragt. Meistens wusste ich diesen auch. Dies vermittelte ich stets zunächst durch ein wissendes Lächeln, das mein verlorenes Gegenüber erst einmal beruhigte. Doch dann folgte immer unausweichlich der Moment, in dem ich anfing zu sprechen und mein Akzent jegliche Glaubwürdigkeit auf der Stelle zunichte machte. Am lebhaftesten ist mir eine ältere Dame in Valladolid in Erinnerung geblieben, die wissen wollte, wie man zum Plaza España kommt. Alles, was sie hätte machen müssen, war, fünf Minuten weiter geradeaus zu laufen, dann wäre sie direkt darauf zugekommen. Der Platz war sogar bereits in Sichtweite. Als ich ihr das erklären wollte, sah sie mich jedoch völlig entgeistert an, als wäre ich gerade vor ihren Augen aus einem Raumschiff gestiegen. Dann überquerte sie die Straße und fragte jemand anderen.

4. Beim Rechnen

Ein Freund von mir aus Deutschland, der über fünfundzwanzig Jahre in London gelebt hat, spricht so fließend und natürlich Englisch, dass man ihn auf Anhieb für einen Muttersprachler halten würde. Sobald man ihm aber auch nur die simpelste Rechenaufgabe stellt, hört man ihn plötzlich Zahlen auf Deutsch vor sich hinmurmeln. Selbst die versiertesten Sprachgenies sind auf ihre Muttersprache angewiesen, wenn es um Mathe geht.

Ich habe tagtäglich mit Zahlen und Tabellen zu tun, aber Zahlen und Fremdsprachen in Einklang zu bringen, ist immer noch eine Herausforderung für mich. Kopfrechnen in einer anderen Sprache treibt mich stets an den Rand der Verzweiflung. In so einer Situation hilft nur: runterfahren, neu starten, neu berechnen, übersetzen, und schließlich und endlich antworten.

5. Während eines Vortrags

Einen Vortrag in der eigenen Muttersprache zu halten ist schon schlimm genug. Viele Menschen hegen die Angst vor öffentlichen Vorträgen sogar noch vor ihrer Angst vor dem Tod. Ich persönlich musste meine erste Präsentation in einer Fremdsprache in Spanien an der Uni halten. Ich war ziemlich aus der Übung, weil ich mein Studium wegen meines Nebenjobs vernachlässigte. Also schusterte ich auf den letzten Drücker eine sehr grenzwertige Power Point-Präsentation zusammen, die ich am nächsten Morgen vor zwei Dozenten und meinen Mitstudierenden präsentierte. Tatsächlich war ich mit meiner Leistung zunächst recht zufrieden – ich hielt meinen Vortrag für präzise, strukturiert und verständlich. Der Rest des Seminars sah das offenbar anders. Einer der Dozenten wurde besonders deutlich: „¡Esto fue fatal!“ – „Das war furchtbar!“ Seitdem sehe ich jedes Mal, wenn ich einen fremdsprachigen Vortrag halten muss, den unerbittlichen Gesichtsausdruck dieses Dozenten vor mir. Zum Glück ist Englisch die allgemein verbreitete Geschäftssprache, sodass ich mich im Zweifelsfall in den sicheren Hafen dieser Sprache zurückziehen kann.

Eine Fremdsprache zu lernen ist bis zu einem gewissen Grad immer auch ein Kampf mit sich selbst und den eigenen Unsicherheiten. Man wird sich sozialen Situationen bewusster, achtet genauer auf die Reaktionen anderer, während man selbst leicht verzweifelt nach der richtigen Vokabel, Betonung und Aussprache sucht. Diese gesteigerte Sensibilität kann zu sehr beglückenden Erfolgssituationen führen – oder zu entmutigenden Niederlagen. Dabei tendiert man oft dazu, den eigenen Sprachdefiziten die Schuld an Missverständnissen zu geben, statt sich auch einmal zu erlauben, vom jeweiligen Gesprächspartner einen gewissen Verständnisspielraum zu erwarten. Wir alle müssen durch diese Hochs und Tiefs – sie zu überstehen ist ein entscheidender Bestandteil der Erfahrung, die das Sprachenlernen zu so einem prägenden und wichtigen Bestandteil des Lebens macht.

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Ed M. Wood

Ed M. Wood kommt ursprünglich aus Wells, der kleinsten Stadt Englands, und lebt mittlerweile in Berlin. Er hat Psychologie an der Universität von Southampton studiert, bevor er als Lehrer und Übersetzer in Spanien, England und Deutschland arbeitete. Danach absolvierte er einen MA in Politikwissenschaft in Bath, Berlin und Madrid. Sprachen, Kulturen und Reisen gehören zu seinen Hauptinteressen und es waren diese drei Dinge, die ihn schließlich zum Babbel-Turm geführt haben, wo er bis heute residiert.

Ed M. Wood kommt ursprünglich aus Wells, der kleinsten Stadt Englands, und lebt mittlerweile in Berlin. Er hat Psychologie an der Universität von Southampton studiert, bevor er als Lehrer und Übersetzer in Spanien, England und Deutschland arbeitete. Danach absolvierte er einen MA in Politikwissenschaft in Bath, Berlin und Madrid. Sprachen, Kulturen und Reisen gehören zu seinen Hauptinteressen und es waren diese drei Dinge, die ihn schließlich zum Babbel-Turm geführt haben, wo er bis heute residiert.