Wenn du Spanisch lernst, damit aufgewachsen bist oder dir im Urlaub schon mal spanischsprachige Schilder begegnet sind, dann hast du bestimmt auch schon einmal ein spanisches Fragezeichen gesehen. Und dich vielleicht gefragt: Was hat es damit eigentlich auf sich?
Auch Arabisch und Persisch drehen ihre Fragezeichen um (allerdings stehen diese nicht auf dem Kopf, sondern sozusagen auf Links gedreht). Das Spanische ist unter den Weltsprachen jedoch relativ einzigartig für seine kopfstehenden Interpunktionszeichen am Anfang von Sätzen oder Phrasen. Es ist fast so, als würde man im Voraus darauf hingewiesen, dass man den folgenden Satz mit einer anderen Betonung lesen muss.
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Man braucht nicht viel Übung oder Erfahrung mit der Sprache, um den Nutzen dieser Schreibweise sofort zu erkennen. Wenn du erst einmal den Dreh raus hast, wirst du dich schnell fragen, warum nicht mehr Sprachen diesem Beispiel folgen. Zugegeben, das klang jetzt etwas philosophisch. Und eigentlich bist du vermutlich hier, weil du wissen willst, was die kopfstehende Interpunktion bedeutet. Und wie sie überhaupt entstanden ist. Also, lass uns loslegen!
Spanisches Fragezeichen (und Ausrufezeichen): Hintergrund und Geschichte
Das spanische Fragezeichen ist eine (relativ) neue Erfindung. Die umgekehrte Zeichensetzung wurde erstmals im 18. Jahrhundert von der Real Academia Española (Königliche Spanische Akademie) empfohlen, als sie im Jahr 1754 die zweite Auflage der Ortografía de la lengua castellana (Orthografie der kastilischen Sprache) veröffentlichte. Das umgekehrte Fragezeichen wurde als Zeichen für den Beginn einer Frage empfohlen, ebenso das umgekehrte Ausrufezeichen.
Damals nahmen nicht alle den Vorschlag der Real Academia an. Eine Sprache lässt sich nur ungern mal eben so ändern. Und während das umgekehrte Fragezeichen heute zum Standardspanisch gehört, wird damit nach wie vor auch etwas zögerlich umgegangen. Pablo Neruda, ein Dichter des 20. Jahrhunderts, weigerte sich, es in seinen Texten zu verwenden. Und auch in Textnachrichten oder im Internet wird die umgekehrte Interpunktion manchmal weggelassen.
Obwohl Spanisch die einzige Sprache ist, die derzeit eine umgekehrte Zeichensetzung verwendet, war die Real Academia nicht ihre einzige Verfechterin: Im Jahr 1668 schlug der anglikanische Philosoph John Wilkins die Verwendung eines umgekehrten Ausrufezeichens am Ende eines Satzes vor, um Ironie zu kennzeichnen. Diese Art der Interpunktion hat sich jedoch nicht durchgesetzt.
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Warum ist die umgekehrte Interpunktion grammatikalisch so nützlich?
Die umgekehrte Interpunktion markiert den Beginn eines Frage- oder Ausrufesatzes. Im Wesentlichen wird der Satz durch ein auf dem Kopf stehendes Frage- oder Ausrufezeichen am Anfang und ein normales Frage- oder Ausrufezeichen am Ende eingeschlossen.
In der Praxis sieht das Ganze dann so aus:
- ¿Tú vives aquí? — Wohnst du hier?
- ¡Él no responde mis mensajes! — Er antwortet nicht auf meine Nachrichten!
Einer der Hauptgründe, warum das im Spanischen notwendig ist, ist folgender: Es gibt keine andere Möglichkeit, in der Schriftsprache eine normale Aussage von einer Frage zu unterscheiden. Die Syntax des Satzes ist dieselbe, egal ob es sich um eine normale Aussage, eine Frage oder einen Ausruf handelt. Das umgedrehte spanische Satzzeichen dient im Wesentlichen also als Lesehilfe. Im gesprochenen Spanisch wird dieses Problem durch einen bestimmten Tonfall gelöst, aber im Schriftlichen hat man diese Option nicht. Im Grunde genommen könnte man ohne die umgedrehte Zeichensetzung nicht erkennen, ob es sich bei geschriebenen Sätzen um Fragesätze oder um Aussagesätze handelt.
Eine weitere einzigartige Besonderheit der umgekehrten Zeichensetzung im Spanischen ist die Kombination von Fragezeichen und Ausrufezeichen im selben Satz. Du kannst einen Satz mit einem umgedrehten Ausrufezeichen beginnen und mit einem normalen Fragezeichen abschließen, um einer Frage eine gewisse Emotion oder Angst zu verleihen. Verstehst du, was ich meine?!