Schottland mag ein kleines Land sein, das hauptsächlich für stürmisches Wetter, Whisky, neblige Täler und natürlich für seine Schafe bekannt ist. Aber es gibt hier auch einen riesigen Schatz an ausdrucksstarken Redewendungen und Wörtern, die sich aus dem Gälischen und aus diversen englischen Dialekten ableiten: von Glasgow, wo ein Dialekt patter genannt wird und die Einheimischen giein it laldy, also „Dinge mit Begeisterung tun“, über Tayside im Osten, wo sie sich die Füße mit baffles („Hausschuhen“) warm halten, bis zu den Highlands und Inseln im Norden, wo ein ferry-louper (ein Zugezogener auf den Inseln, auch ferry-jumper) bei den Einwohnern für Klatsch und Tratsch sorgt.
Wir dachten, wir geben dir hier mal einen Einblick in die etwas amüsanteren Ausdrücke, die in Schottland üblich sind – natürlich in der Hoffnung, dass du sie dir aneignest, um einen Hauch von Tartan und Dudelsack (nur ohne den ohrenbetäubenden Klang) in deinen Alltag zu bringen:
6 Redewendungen, die in Schottland genutzt werden
1. What dreich weather!
Bedeutung: „Was für ein trostloses Wetter.“
Aussprache-Tipp: Sprich die Vokale in dreich wie ein langgegangenes [i] aus und das [ch] hart wie in „Schach“.
Ah, das Wetter. Die erste Wahl jedes Briten und jeder Britin, wenn es um Small Talk geht. Da man in Schottland locker damit rechnen kann, vier verschiedene Jahreszeiten an einem einzigen Tag zu erleben – das Wetter ist hier recht wechselhaft –, ist es keine Überraschung, dass wir zahlreiche recht poetische Ausdrücke haben, um die urplötzlichen Wechsel von Regen zu grauer Wolkendecke adäquat beschreiben zu können.
An einem normalen Morgen in Schottland ziehst du die Vorhänge zur Seite und wirst dir sogleich des ernsthaften Mangels an Vitamin D gewahr. Tiefhängende graue Wolken, höchstwahrscheinlich noch ein leichter Nieselregen, der an deine Fensterscheibe tropft – schnell zurück unter die Bettdecke, während du dir selber zugrummelst: What a dreich day!
2. Mony a mickle maks a muckle!
Bedeutung: „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist den Taler nicht wert.“
Wörtlich: „Viele kleine Dinge ergeben ein Großes.“
Dieser Ausdruck trägt nicht gerade dazu bei, das gängige Klischee über Schotten aufzuweichen – nämlich, dass wir ein geiziger Haufen sind. Und obwohl dieser Spruch an den alten Witz erinnert, dass der Kupferdraht von zwei Schotten erfunden wurde, die sich um einen Penny gestritten haben, ist die Logik nicht ganz von der Hand zu weisen: Kleine, angesparte Beträge summieren sich mit der Zeit – also ab ins Sparschwein mit deiner Euromünze, auf dass daraus einmal Reichtümer werden!
Ironischerweise geht dieser Ausspruch linguistisch gesehen nicht ganz auf, denn sowohl mickle als auch muckle beziehen sich auf etwa Großes. So heißt zum Beispiel Muckle Flugga, der Name einer Shetlandinsel, so viel wie „große, steile Insel“, und Mickleover in Derbyshire – im Domesday Book als Magna Oufra erwähnt – bedeutet „großes Dorf auf dem Hügel“.
3. Peely wally
Bedeutung: „bleichgesichtig, kränklich“
Die nördliche Lage und das erwähnte dreich Wetter helfen nicht gerade dabei, einen frischen, gesunden Teint zu entwickeln. Dementsprechend sind Schotten auch für ihre eher bleichen Gesichter bekannt. Ist jemand aber peely wally, deutet das schon auf etwas mehr als nur fehlende UV-Strahlung hin – auf eine Grippe zum Beispiel oder einen handfesten Kater (den berühmten Whisky habe ich ja bereits erwähnt).
4. Lang may yer lum reek
Bedeutung: „Hab ein langes und gesundes Leben.“
Wörtlich: „Möge dein Kamin lange rauchen.“
Neujahr steht vor der Tür – Hogmanay, wie wir es nennen (manchmal benutzen wir auch normale Wörter, ehrlich!) –, eine Zeit voller langjähriger Traditionen. Ob ich den Abend nun mit Familie oder Freunden verbringe, um den Brauch des First Footing kommt keiner herum. Ich bin die Auserwählte, die am ersten Januar als Erste den Fuß vor die Tür setzen darf. Bei mir trage ich ein Stück Kohle für Wärme und Wohlstand sowie eine Flasche Whisky für … naja, weil es eben Whisky ist. Ich bringe beides von drinnen nach draußen. Dann läute ich die Glocke und bringe alles wieder ins Haus und verkünde inbrünstig: Long may yer lum reek! Das ist quasi das schottische Äquivalent zu Mr. Spocks Live long and prosper, nur ohne Vulkanier.
5. He’ll slap it intae ye!
Bedeutung: „Selber schuld.“
Wörtlich: „Er wird es in dich reinschlagen.“
Das klingt etwas brutal, obwohl es viel weniger brutal ist als ein sogenannter Glasgow kiss – wenn ein wütender Glasgower dir eine Kopfnuss verpasst, wird dir klar, wie unromantisch ein solcher „Kuss“ ist. Wie auch immer, es intae ye schlagen ist ein schottischer Ausdruck, dass sich jemand sein eigenes Grab geschaufelt hat:
Person 1: The government have promised rainbows and unicorns for us all, but I don’t think this will happen.
Person 2: Well, he’ll slap it intae ye at the next election.
Mit anderen Worten: Die Regierung wird sich bei der nächsten Wahl nicht gut schlagen, sie ist selbst schuld, wenn sie den Himmel auf Erden verspricht und das nicht halten kann.
6. Is yer cat deid?
Bedeutung: „Deine Hose hängt auf Halbmast.“
Wörtlich: „Ist deine Katze tot?“
Aussprache-Tipp: deid mit langem [i] sprechen
Das ist eine meiner liebsten Redewendungen. Sie hat – du kannst es dir wahrscheinlich schon denken – herzlich wenig mit Katzen oder dem Tod zu tun. Du kannst sie benutzen, wenn jemandem seine Hose nicht passt, besonders wenn sie zu kurz ist. „Hochwasserhosen“ wäre hier wohl das deutschsprachige Äquivalent. In Zeiten der Trauer hängen Flaggen ja auf Halbmast, daher die Frage nach der toten Katze, nach dem Motto: „Hängt deine Hose etwa auf Halbmast, weil du um deine Katze trauerst?“ Dabei ist es natürlich völlig egal, ob die betreffende Person tatsächlich eine Katze hat oder nicht.
Angesichts der heutigen Trends von Dreiviertelhosen, Ankle Jeans und hochgekrempelten Hosen sollte es nicht an Gelegenheiten mangeln, diesen großartigen Spruch hervorzuzaubern und modebewusste Mitmenschen damit zu veräppeln.
Also, worauf wartest du noch: Gie it laldy and peppe deinen Wortschatz mit ein paar unterhaltsamen schottischen Redewendungen auf!