Es gibt viele Gründe, warum man eine Party verlassen möchte, ohne sich zu verabschieden. Vielleicht bist du in Eile, willst einer unangenehmen Situation aus dem Weg gehen oder hast einfach keine Lust, dich durch zehn Abschiede in Folge zu quälen. Wenn du diesen Schritt wagst, könnte man dir vorwerfen, einen „Irish Goodbye“ zu machen. Oder ist es ein French Exit? Oder … es gibt eigentlich ziemlich viele verschiedene Ausdrucksmöglichkeiten.
Wie genau du dieses soziale Manöver nennst, hängt davon ab, wo du herkommst. Jedes Land hat seine eigene Version des Irish Goodbye, wobei die Herkunft dieser Verabschiedungsstrategie meist in einem anderen Land verortet wird. Welches Land ins Visier genommen wird, kann aufschlussreich sein, aber was genau wird dadurch aufgedeckt?
Irish Goodbye – Die verschiedenen Varianten
In einem Interview erklärt der Sprachwissenschaftler Anatoly Liberman, dass die ursprüngliche Version des Irish Goodbye aus dem Englischen stammt und French leave genannt wurde. Diese Redewendung lässt sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Auch in anderen Ländern wurde der Ausdruck übernommen, zum Beispiel im Italienischen andarsene alla francese, im Spanischen despedirse a la francesca, im Portugiesischen sair á francesca oder im Slowenischen oditi po francosko.
Die Franzosen und Französinnen, die sich wahrscheinlich beleidigt fühlten, weil ihnen dieses Konzept zugeschrieben wurde, schossen deshalb vermutlich kurz darauf mit filer a l’anglaise zurück, was so viel bedeutet wie „wie die Engländer gehen“. Dieses Phänomen wurde auch in anderen Ländern beobachtet, darunter Ungarn mit angolosan távozik, Rumänien mit a o sterge englezeste und Russland mit уйти по-английски. Auch dieser Ausdruck hat eine lange Geschichte, aber es sei darauf hingewiesen, dass eine unserer Französisch-Expertinnen noch nie von diesem Ausdruck gehört hat und stattdessen partir comme un voleur („gehen wie ein Dieb“) verwenden würde.
Es gibt auch noch ein paar weitere Ausnahmen, eine davon ist der Irish Goodbye selbst, der anscheinend nur von Engländer:innen und Amerikaner:innen verwendet wird. In Deutschland wird oft einen polnischen Abgang machen verwendet. Aber im Großen und Ganzen lassen sich die europäischen Phrasen entweder dem Französischen oder dem Englischen zuordnen.
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Wie und warum sind diese Varianten des Irish Goodbye entstanden?
Man könnte argumentieren, dass ein Irish Goodbye in gewissem Maße sozial akzeptabel ist, und es gibt viele Artikel darüber, warum es eigentlich die beste Art ist, eine Party zu verlassen. Um zu verstehen, wie das Verhalten zu seinem Namen kam, muss man jedoch wissen, dass es in früheren Zeiten als unentschuldbar unhöflich galt. Als die Engländer:innen also von einem French Leave sprachen, war das eine Beleidigung für die Franzosen und Französinnen (und bis heute hält sich das Klischee von der französischen Unhöflichkeit).
Dass man mit diesem Begriff auch Länder auf die Schippe nehmen kann, zeigt sich auch in der deutschen Alternative – „einen Polnischen machen“. Es ist vielleicht die neueste Version des Namens, und die Zeit sagt, dass er erst nach dem Fall der Berliner Mauer entstand, als Witze über polnische Diebe an der Tagesordnung waren. Das hängt auch mit der nicht länderspezifischen Redewendung „wie ein Dieb in der Nacht verschwinden“ zusammen.
Es gibt einige Theorien darüber, wie der Irish Goodbye zu seinem Namen kam. Die Iren und Irinnen standen lange Zeit unter der harten Herrschaft der Britinnen und Briten, daher ist es keine Überraschung, dass der Ausdruck Irish Goodbye als eine weitere Art, das Land zu diskreditieren, entstand. Es könnte auch mit dem irischen Stereotyp des Betrunkenen zusammenhängen, mit der Vorstellung, dass die Iren und Irinnen zu betrunken waren, um sich ordentlich zu verabschieden. Irish Central hat eine etwas weniger dramatische Erklärung für den Ausdruck: Es soll sich um ein Gerücht handeln, das besagt, dass „eine wütende Frau den Begriff prägte, nachdem ihr zweiter irischer Freund in Folge am Ende eines Dates spurlos verschwunden war“. (Ist das Irish Goodbye das ursprüngliche Ghosting?) Aber anhand der Muster ist es viel wahrscheinlicher, dass der Ausdruck außerhalb Irlands entstanden ist.
Heute ist es wahrscheinlich so, dass die meisten Menschen, die diese Begriffe verwenden, nicht die Absicht haben, die betroffene Bevölkerungsgruppe zu beleidigen. Das zeigt sich daran, dass Menschen, die etwas von einem Irish Goodbye hören, denken, dass es etwas ist, das tatsächlich in Irland erfunden wurde. Es zeigt einmal mehr, dass es sich lohnt, die Herkunft von Redewendungen, die mit einem bestimmten Land oder einer bestimmten Kultur in Verbindung stehen, zu hinterfragen.