Horrorlehrer oder coole Typen – von wem haben wir am besten Sprachen gelernt?

Lehrer machen einen großen Teil unserer Kindheit aus: Sie haben die Macht, uns zu Hochleistungen anzutreiben oder uns so sehr die Motivation zu rauben, dass wir gar nichts mehr für das Fach tun. Welche unserer Fremdsprachenlehrer uns am meisten in Erinnerung geblieben sind, erfährst du hier.

Lehrer machen einen großen Teil unserer Kindheit aus. Aber nur ein paar von ihnen hinterlassen einen Eindruck, der bis ins Erwachsenenalter andauert. Der Rest verschwindet in die vernebelten Ecken unserer Erinnerungen, nur, um spätestens bei einem Klassentreffen wieder herausgekramt zu werden. Cartoonfiguren, Werbemelodien, Eiscremesorten und unser erstes Ponyreiten haben den Vorrang gegenüber denjenigen, die uns das Lesen, Schreiben, Rechnen, Werfen und Fangen beigebracht haben.

Einige meiner Kollegen und ich haben uns kürzlich zum Mittagessen getroffen, um über unsere unvergesslichsten Lehrer zu sprechen – haben wir uns an sie erinnert, weil sie uns besonders inspiriert haben oder weil wir sie ganz furchtbar fanden? Sind die coolen, lockeren Lehrer immer die, an die sich Schüler erinnern? Oder haben sich die strengeren, gefürchteten Lehrer besonders in unser Gedächtnis eingebrannt? Lies weiter, um das herauszufinden.

Ed aus Wells, England, erinnert sich an seinen Französischlehrer

Ich erinnere mich wirklich gern an meine spektakulären Französischstunden in der Mittelstufe zurück. Unser Französischlehrer stürzte immer dramatisch in das Klassenzimmer und eröffnete die Stunde damit, zu einem französischen Liedchen von einem knisternden Tonband auf seinem Tisch zu tanzen. Nach 20 Minuten kramte er 15 Bildkarten aus seinem Tisch hervor und wir wiederholten zu jeder Bildkarte einen Satz im Chor – es war immer derselbe Satz. Trotz, oder vielleicht wegen, des Theaters lernte ich in seinen Stunden nie irgendetwas Sinnvolles. Die 15 Sätze waren schwer in einer echten Unterhaltung unterzubringen (J’ai gagné au loto! – „Ich habe im Lotto gewonnen!“) und die Lieder wurden mit dem Voranschreiten unserer Pubertät immer peinlicher.

Dass ich Informationen weder aufnahm, noch behielt, war dabei nicht das größte Versäumnis. Zurückblickend ist es am bedauerlichsten, dass die französische Sprache für mich so fremd geblieben ist – sie schien mir so unglaublich irrelevant, sowohl akademisch als auch kulturell gesehen. Ich frage mich immer noch, wie man es hätte besser machen können. Vielleicht hätte akademische Relevanz dadurch erreicht werden können, Grammatik als logisches Gerüst, als Rückgrat von Sprache zu präsentieren – etwas, das gelernt, verstanden und hoffentlich absorbiert werden sollte, anstatt es zu ignorieren. Kulturelle Relevanz ist sogar noch etwas kniffliger – ich möchte nicht versuchen müssen, einem englischen Teenager zu erklären, warum er unbedingt eine Fremdsprache lernen sollte, wenn der Rest der Welt seine Muttersprache zur internationalen Verständigung lernt. Nur jene meiner Mitschüler, die einen Schüleraustausch mitmachten, erlebten, wie nützlich eine Fremdsprache sein kann. Für den Rest von uns wäre es hilfreich gewesen, wenn unser Lehrer Französisch mit uns gesprochen hätte und so wenigstens die Notwendigkeit, zu verstehen, geschaffen hätte. Am meisten wünsche ich mir aber, dass ich die Vorteile des Sprachenlernens früher erkannt hätte – das hätte mir später im Leben sehr viel Arbeit erspart!

Und was haben wir daraus gelernt?

Die grundlegendste Frage in der Schule war für mich: Wozu das Ganze? Leider wurde sie nie beantwortet. Du wirst nichts erreichen, wenn du keinen Sinn für das Lernen siehst. Es muss entweder unmittelbar für dich relevant sein – zum Beispiel, um auf einen Schüleraustausch oder eine Reise vorbereitet zu sein – oder anders begründet werden. Das ist meiner Meinung nach die größte Herausforderung.

Gabriel aus São Paulo, Brasilien, erinnert sich an seinen Deutschlehrer

Ich habe meinen besten Sprachlehrer ein paar Wochen, nachdem ich von São Paulo nach Berlin gezogen bin, getroffen. Es war Sommer in Berlin-Neukölln und ich hatte jeden Tag von 17 bis 20 Uhr einen Intensiv-Deutschkurs. Der Lehrer war Mitte fünfzig, hatte lange, lockige weiße Haare, lässige Klamotten und eine kratzige, tiefe Stimme, die schwer zu verstehen war. Die erste Aufgabe, die wir von ihm bekamen, war, einen Satz mit dem Wort während zu formulieren. Nach meinem Satz, der aus gerade einmal 7 Wörtern bestand, wusste er bereits, dass ich aus Brasilien komme. Das beeindruckte mich gewaltig. „Ich mach das schon lange, ich erkenne jeden Akzent“, war seine Antwort.

Neben seinem Talent für das Akzente-Lokalisieren und seiner außergewöhnlichen Fähigkeit, seinen Schülern komplexe Grammatikstrukturen nahezubringen, war mein Deutschlehrer auch ein großartiger Musiker. Er lud Schüler zu seinen Konzerten ein, bei denen wir nicht nur gute Musik genießen konnten, sondern auch die Möglichkeit hatten, mit Deutschen rumzuhängen und deutsche Texte zu hören. Manchmal druckte er sogar die Texte aus und brachte sie mit zu seinen Konzerten, sodass wir mitlesen konnten, während wir unser Bier tranken. Er erklärte sich sogar bereit, an meinem Geburtstag zu spielen, und organisierte einen Club für den Anlass. Es war eine coole Party.

Und was haben wir daraus gelernt?

Rede mit deinen Lehrern und versuche, außerhalb des Klassenzimmers mit ihnen zu interagieren. Dein Lehrer könnte der Tom Waits Neuköllns sein und du weißt es nicht mal.

Giulia aus Venedig, Italien, erinnert sich an ihre Französischlehrerin

Ich wählte Französisch als zweite Fremdsprache (die erste war Englisch) für drei Jahre in der Mittelstufe. Warum Französisch? Nun ja, die Alternative war Deutsch, was die meisten meiner Mitschüler für ihre Ferienjobs lernen wollten. (Am Strand in der Nähe meiner Heimatstadt machen viele Deutsche Urlaub.) Ich wollte irgendwie anders sein. Keine gute Entscheidung. Nicht nur habe ich nie einen Ferienjob am Strand bekommen, so wie alle meine Freunde, sondern ich habe die Entscheidung auch 15 Jahre später bereut, als ich nach Berlin zog, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Darum sollten Kinder keine wichtigen Entscheidungen treffen dürfen.

Nun ja, langer Rede kurzer Sinn: Ich hatte dieselbe Französischlehrerin wie schon meine Mutter. Das bedeutete, dass sie sehr alt war (Tut mir Leid, Mama, Entschuldigung, Frau Französischlehrerin!) und dass sie sich sehr genau daran erinnerte, wie meine Mutter den Unterricht unterbrochen hatte, indem sie über ungewöhnliche französische Laute lachte (den [ü]-Laut wie in salut, den wir im Italienischen nicht haben, zum Beispiel). Unglücklicherweise hatte ich dieselbe Angewohnheit. Mein Gelächter outete mich nicht nur als die Tochter einer verhassten Schülerin, sondern brandmarkte mich auch gleich an meinem ersten Tag als Unruhestifterin.

Die folgenden drei Jahre waren furchtbar: Ich konnte meinen Ruf als unhöfliches Kind mit einer unhöflichen Mutter nie abschütteln und ich habe nie mehr gelernt als eine Handvoll Grammatikregeln. Ich bestand zwar meine Französischprüfung, gab aber Französisch gleich danach auf. Zehn Jahre später entschied ich mich, ein Abenteuer zu erleben und zwei Monate allein nach Paris zu gehen: Ich habe in diesen zwei Monaten mehr gelernt als in drei Jahren voller Grammatikregeln – und das nur dadurch, dass ich mit Leuten geredet habe.

Und was haben wir daraus gelernt?

Versteife dich nicht auf Grammatikregeln. Lern sie, aber verwende sie nur als Basis für das Sprechen und nicht als das Endziel von Sprache. Hab keine Angst davor, Fehler zu machen… und geh nie an eine Schule, an der du die Lehrer deiner Eltern treffen könntest!

Marion aus Paris, Frankreich, erinnert sich an ihren Deutschlehrer

Hast du schon mal von dem Briefroman Die Leiden des jungen Werthers gehört? Von dem Buch, das von Goethe im Jahre 1774 verfasst wurde und das demzufolge in einer antiquierten Sprache geschrieben ist, die niemand mehr spricht? Von dem Buch, das eine europaweite Selbstmordwelle auslöste? Tja, so habe ich Deutsch gelernt.

Stell dir einen alten Lehrer mit zitterndem Kinn und nicht der leisesten Spur von Humor vor, der 30 Teenager unterrichtet, indem er ihnen einen Text vorliest, den selbst viele Muttersprachler kaum verstehen können. Am Ende des Jahres konnte ich jedes deutsche Verb mit geschlossenen Augen im Plusquamperfekt konjugieren, aber ich konnte keine richtige Unterhaltung führen. So sehr ich es auch versuchte – Wörter wie Seele und Herzschmerz waren in echten Gesprächen einfach schwer unterzubringen.

Wie jede Gruppe von Teenagern, die etwas auf sich halten, rächten wir uns händereibend an unserem Deutschlehrer. Sein Französisch war nicht besonders gut und er benutzte uns häufig als Wörterbuch: „Wie sagt man Tisch auf Französisch?“, worauf die ganze Klasse antwortete: „Cul!“ („Arsch“ auf Französisch, und das ist nicht mal das schlimmste Beispiel!). Ich erfreue mich immer noch am Gedanken an die Gespräche, die er nach der Stunde mit anderen Lehrern geführt haben muss…

Und was haben wir daraus gelernt?

Lernen sollte keine Quälerei sein und es macht keinen Sinn, Kindern Deutsch mit Goethe oder Französisch mit Molière beizubringen. Warum keine modernen Lieder oder Geschichten verwenden? Zu den Klassikern kann später immer noch zurückgekehrt werden, nachdem ein gewisses Sprachlevel erreicht ist.

Cristina aus Madrid, Spanien, erinnert sich an ihre Englischlehrerin

Ich hatte einmal eine Englischlehrerin, die selbstverständlich keine Engländerin war. Ich sage „selbstverständlich“, weil die Lehrer fast immer spanisch waren und die Sprache schlecht und mit einem starken Akzent sprachen.

Es fing alles an, als sie sich vorstellte: „Chello-u, my name-i iss Lola.“ Hmmm… Okay, Lola, packen wir es an. Um ehrlich (und nicht im Geringsten bescheiden) zu sein, war mein Englisch schon ziemlich gut. So gut, dass ich die englischen Texte der Titelmusiken von Familie Feuerstein, Punky Brewster und Blossom erraten konnte. Ich war 13 und deswegen so stolz auf mich. Während das in der Privatsphäre meines eigenes Hauses vor sich ging, lernten wir im Englischunterricht bereits zum zehnten Mal die Farben und die Vergangenheitsformen. Ich lernte nie, weil jede Leistungskontrolle nur ein Lückentext war. Die Lehrerin verstand, dass mein Englisch gut genug war, und motivierte oder ermutigte mich darum nie, mehr zu tun und mein Englisch auf das nächste Level zu bringen. Wie gesagt: Ich war 13 und Englischunterricht war nur ein Problem weniger in dem sehr komplizierten Leben einer Teenagerin. Wenn wir Testresultate bekamen, ging meine Lehrerin immer von Tisch zu Tisch und sagte jede Note laut an. Als sie an meinem Tisch ankam, sagte sie jedes Mal: „Cristina, muy bien, aber ich weiß, dass du dir keine Mühe gibst.“

Und was haben wir daraus gelernt?

Wenn du gut in etwas bist, dann lass dich von einem uninspirierten Lehrer nicht zurückhalten. Du kannst immer von gut zu großartig aufsteigen und zum Glück ist es nie zu spät, das zu tun. Tu dir selbst einen Gefallen und sei nicht so faul wie dein Lehrer.

Katrin aus Potsdam, Deutschland, erinnert sich an ihre Französischlehrerin

Meine Französischlehrerin in der neunten und zehnten Klasse war nicht gerade die beste. Sie machte den Eindruck, dass sie viel lieber Spanisch unterrichten würde, und es schien so, als wenn sie es uns übelnahm, dass wir ihre Französischklasse waren. Sie lästerte über Schüler und war der Meinung, dass Grammatikregeln etwas waren, „das man eben einfach auswendig lernen müsse“ – so wie das langweiligste Gedicht, das du dir vorstellen kannst. Das frustrierte mich ungeheuer, sodass ich die französische Sprache schließlich abhakte – jedenfalls dachte ich das.

Mein Interesse wurde wieder entfacht, als ich in einer Firma mit vielen französischen Kollegen anfing. Ich war frustriert von mir selbst, weil ich nichts, wirklich gar nichts, verstehen konnte, wenn sich meine französischen Kollegen in echtem Französisch unterhielten. Es klang für mich einfach nur wie ein einziges, langes Wort. Anstatt mich in meiner Unfähigkeit zu suhlen, beschloss ich, noch einmal Französisch zu lernen – dieses Mal aber wirklich. Ich wandte mich der Sprache wieder zu… und zwar mit Harry-Potter-Hörbüchern! Ich kenne die Geschichte gut, weswegen ich nicht gleich komplett verloren war, wenn ich ein Wort mal nicht verstand. Ich verbesserte langsam meine Hörkompetenz, die im Französischen immer mein größtes Problem gewesen war. Und da ich die Harry-Potter-Bücher absolut liebe, konnte ich lernen, ohne dass es sich wie eine lästige Pflicht anfühlte. Ich kehrte immer wieder gespannt zu der Geschichte zurück, und damit zum Lernen.

Und was haben wir daraus gelernt?

Manchmal kann dein bester Lehrer dein Lieblingsbuch, -film, oder -musikgenre sein. Sie sind die besten Lernmaterialien, die du dir wünschen kannst, und werden dir dabei helfen, das Sprachenlernen aus dem Klassenzimmer herauszuholen und in dein tägliches Leben zu integrieren. Finde etwas, das du magst, und mach es in deiner Lernsprache.

John-Erik aus Los Angeles, USA, erinnert sich an seine Spanischlehrerin

Als ich in der achten Klasse mit Spanisch anfing, war ich entschlossen, mich mit so wenig Aufwand und Aufmerksamkeit wie möglich durchzumogeln. Die Schule war schon schwer genug und ich lehnte die Einführung eines neuen Fachs ab. Mein Plan ging perfekt auf – jedenfalls bis Spanish III. Mit zwei Jahren vorgetäuschtem Spanischunterricht im Rücken war ich auf eine ernsthafte Lehrerin überhaupt nicht vorbereitet. Sie hatte alle Eigenschaften einer klassischen Märchenhexe (die grüne Haut und den spitzen Hut ausgeschlossen), machte sich über die Schüler lustig, schrie mehr, als sie sprach, und jeder hatte Angst vor ihr. Außerdem war sie die effektivste Spanischlehrerin, die ich je hatte. Im Vergleich zu ihr war mein vorheriger Lehrer ein Amateur und die Lehrer, die danach kamen, waren Scharlatane. Ihre Methode war einfach: Sie sprach ausschließlich Spanisch im Unterricht und wenn du es ihr nicht gleichtatest, würde sie erbarmungslos vor der ganzen Klasse über dich herziehen.

Es war die nervenaufreibendste Atmosphäre, die ich je erlebt habe, und der Stress motivierte mich, meine Spanischkenntnisse zu verbessern – einfach nur, um zu wissen, was überhaupt im Unterricht vor sich ging. Ich ließ ihre Hausaufgaben nie unfertig und suchte mir sogar einen Nachbarn, mit dem ich am Wochenende Spanisch sprechen konnte – all das, weil ich vor der öffentlichen Demütigung durch meine Lehrerin Angst hatte. Damals hasste ich es und wählte im nächsten Jahr sehr gerne den Kurs mit dem „einfachen“ Spanischlehrer. Rückblickend war das eine furchtbare Entscheidung. Meine „gemeine“ Spanischlehrerin war die beste Sprachlehrerin, die ich in der High School hatte, und die einzige, die mich dazu motivierte, mehr als das Mindeste zu machen.

Und was haben wir daraus gelernt?

Du musst Sprachenlernen ernst nehmen, wenn du Resultate sehen willst. Ich brauchte die furchteinflößendste Spanischlehrerin im L.A. Unified School District, um mich so sehr einzuschüchtern, dass mir die Sprache wirklich etwas bedeutete. Wenn du dich dagegen selbst für deine Aufgaben verantwortlich fühlst, dann kannst du Fortschritte machen – und getrost auf Angst als Motivation verzichten!

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Katrin Sperling

Katrin Sperling ist in Potsdam geboren und aufgewachsen und hat nach dem Abitur ein Jahr in Toronto, Kanada verbracht. Weil ihr Hogwarts-Brief zu ihrem 20. Geburtstag im Jahr 2011 immer noch nicht angekommen war, musste sie schließlich die Realität akzeptieren und studierte Englische und Deutsche Linguistik in Berlin. Zum Glück erwies sich die Linguistik als genauso magisch, weswegen Katrin sehr glücklich ist, jetzt für das Babbel Magazin über Sprachen zu schreiben.

Katrin Sperling ist in Potsdam geboren und aufgewachsen und hat nach dem Abitur ein Jahr in Toronto, Kanada verbracht. Weil ihr Hogwarts-Brief zu ihrem 20. Geburtstag im Jahr 2011 immer noch nicht angekommen war, musste sie schließlich die Realität akzeptieren und studierte Englische und Deutsche Linguistik in Berlin. Zum Glück erwies sich die Linguistik als genauso magisch, weswegen Katrin sehr glücklich ist, jetzt für das Babbel Magazin über Sprachen zu schreiben.