Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung wurde am 28. August 1949, dem 200. Geburtstag Johann Wolfgang von Goethes, in der Frankfurter Paulskirche gegründet. In einem vom Krieg zerstörten Land wollten die Gründer einen kulturellen Neuanfang wagen. Der ehemalige Kultusminister Adolf Grimme proklamierte die Akademie als „eine Stätte der Freiheit“, die unabhängig von staatlichen und politischen Einflüssen agieren sollte. Seit 1951 hat sie ihren Sitz in Darmstadt, zunächst im Ernst-Ludwig-Haus auf der Mathildenhöhe und seit 1971 im historischen Großen Glückerthaus der Darmstädter Künstlerkolonie.
Aufgaben und Selbstverständnis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
Als Vereinigung von namhaften Schriftsteller:innen, Kritiker:innen, Übersetzer:innen sowie Sprach- und Literaturwissenschaftler:innen widmet sich die Akademie der Pflege und Förderung der deutschen Sprache und Literatur. Zu ihren Hauptaufgaben gehören:
- Die aufmerksame Begleitung der Sprachentwicklung
- Die Wiederbelebung vergessener oder marginalisierter Literatur durch Publikationen
- Die Zusammenarbeit mit europäischen Literaturakademien
- Die Förderung einer differenzierten Debattenkultur
Besonders wichtig ist dabei die Würdigung von Werken, die während der NS-Zeit unterdrückt wurden, wie etwa die von Oskar Loerke, Gertrud Kolmar und Alfred Mombert.
Literarische Preise und Auszeichnungen durch die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung
Die Akademie erlangte Bekanntheit durch die jährliche Vergabe des Georg-Büchner-Preises, der als bedeutendster deutscher Literaturpreis gilt. Zu den Preisträger:innen zählten in der Vergangenheit unter anderem:
- Gottfried Benn
- Paul Celan
- Heinrich Böll
- Günter Grass
- Elke Erb
- Oswald Egger
Daneben verleiht sie vier weitere Auszeichnungen:
- Den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa
- Den Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik
- Den Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung
- Den Friedrich-Gundolf-Preis für die Vermittlung deutscher Kultur im Ausland
Die Positionen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zu sprachpolitischen Themen
Rechtschreibreform
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hat sich intensiv mit der Rechtschreibreform von 1996 auseinandergesetzt und stand dieser zunächst kritisch gegenüber. Sie forderte später ein Moratorium und entwickelte schließlich einen Kompromissvorschlag zur „Wiederherstellung des Rechtschreibfriedens“ in Deutschland. Die Akademie ist mit zwei Sitzen im Rat für deutsche Rechtschreibung vertreten.
Anglizismen
Zur Debatte über den zunehmenden Einfluss des Englischen auf die deutsche Sprache veröffentlichte die Akademie 2002 eine differenzierte Stellungnahme. Darin betonte sie einerseits die große Integrationskraft der deutschen Sprache, die den Einfluss des Englischen verkraften könne, andererseits aber auch die Notwendigkeit, das Deutsche in Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur zu behaupten und zu entwickeln.
Internationale Dimension
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung versteht sich nicht als rein nationale Institution, sondern betont die internationale Dimension der deutschen Sprache und Literatur. Besonders während der deutschen Teilung wollte sie eine Institution sein, in der die Grenze zwischen Ost und West keine Rolle spielte. So wurden etwa Christa Wolf (1977), Günter Kunert (1981) und Jurek Becker (1983) als Mitglieder aus der DDR aufgenommen.
„Die Tendenz der Akademie war immer darauf gerichtet zu sagen, wir wollen die deutschsprachige, nicht die deutsche, die deutschsprachige Literatur als eine europäische Einheit sehen.“
– Norbert Miller, Germanist und ehemaliger Vizepräsident der Akademie
Diese internationale Ausrichtung hat sich in den letzten Jahren noch verstärkt, und heute gehören der Akademie Mitglieder aus 26 verschiedenen Ländern an.
In ihrer 75-jährigen Geschichte hat sich die Akademie immer wieder mit wichtigen sprachpolitischen Themen auseinandergesetzt. Seit seit 2013 veröffentlicht sie zudem regelmäßige „Berichte zur Lage der deutschen Sprache“.