Kolumbien ist nicht nur für seine atemberaubenden Landschaften und kulturellen Reichtum bekannt, sondern hat auch sprachlich einiges zu bieten. Laut Ethnologue verzeichnet das südamerikanische Land stolze 89 lebende Sprachen!
Die sprachliche Vielfalt Kolumbiens
Möglicherweise denkst du bei Kolumbien sofort an Spanisch – und damit liegst du natürlich nicht falsch! Spanisch ist die Amtssprache des Landes und wird von der Mehrzahl der Einwohner:innen gesprochen. Auf den Inseln San Andrés, Providencia und Santa Catalina hat aber auch das Englische einen offiziellen Status. Und wie du an den genannten Zahlen schon erahnen kannst, gibt es eine Vielzahl weiterer Sprachen. Von den 89 Sprachen zählen 83 zu den indigenen und zwei zu den Kreolsprachen. Grund genug, sich diese Sprachenvielfalt einmal genauer anzusehen!
Spanisch in Kolumbien
Beginnen wir mit der spanischen Sprache, denn Kolumbien ist nach Mexiko das Land mit der höchsten Anzahl spanischsprachiger Muttersprachler:innen. Die Sprache wird von 99,5% der Bevölkerung gesprochen und ist die offizielle Amtssprache des Landes. Die weite Verbreitung der Sprache ist eng mit der kolonialen Vergangenheit verbunden. Denn die 1499 begonnene Kolonialisierung durch die Spanier:innen war nicht nur der Ausgangspunkt für Unterdrückung und Gewalt, sondern auch für die Vermischung der indigenen, afrikanischen und spanischen Kulturen und Sprachen.
Trotz der Kolonialisierung kann das Spanisch, das du in Kolumbien hörst, nicht mit dem Kastilischen (in Spanien gesprochenes Spanisch) gleichgesetzt werden. Wie in vielen anderen Ländern, kann nicht einmal von einem klar definierten kolumbianischen Spanisch gesprochen werden: In Barranquilla wirst du andere Vokabeln, Redewendungen und auch eine andere Sprachmelodie und Aussprache hören als beispielsweise in Medellín oder Bogotá.
Das an der Karibikküste gesprochene Costeño wird beispielsweise oft als die für Lernende am schwersten zu verstehende Varietät bezeichnet. Das mag daran liegen, dass es sehr schnell gesprochen wird und viele Wörter nicht ganz ausgesprochen werden. Das -s am Wortende wird beispielsweise oft weggelassen: anstelle eines más o menos („mehr oder weniger“) wirst du an der Küste eher má o meno hören.
Es gibt Stimmen, die behaupten, dass die Varietät in Bogotá (auch Rolo oder Cachaco genannt) zu einem der deutlichsten spanischen Dialekte zählt. In der Regel sprechen die Einwohner:innen Bogotás alle Vokale und Konsonanten eines Wortes aus und verschlucken keine Endungen. Die Varietät wird häufig auch als Standardvarietät beschrieben, da sie in den Medien, Bildungseinrichtungen und der Öffentlichkeit verwendet wird.
Einige Besonderheiten und gängige Ausdrücke
Anders als in Spanien, wird in manchen Regionen Kolumbiens für das Pronomen „du“ nicht tú, sondern usted oder sogar vos verwendet. Letzteres hörst du beispielsweise häufig in Regionen wie Valle del Cauca und Antioquia. Was in Spanien als formell gilt, wird hier in informellen Situationen genutzt.
Falls du eine Reise nach Kolumbien planst oder deine kolumbianischen Freund:innen und Bekannte beeindrucken möchtest, findest du hier eine Reihe verschiedener Ausdrücke, die du verwenden kannst:
- Parcero/a oder Parce – wird für Kumpel/Bruder genutzt, aber kann auch Frauen bezeichnen und daher nicht 1:1 übersetzt werden
- ¡Quiubo! auch ¿Qué hubo? – Informelle Begrüßung, ähnlich zu „Was gibt’s Neues?“
- ¡Hagamos una vaca! (wörtl.: „Lass uns eine Kuh machen!“) – sagt man, wenn man vor einer Veranstaltung/Party Geld zusammenlegt, um zu wissen, wie viel gekauft/gezahlt werden kann
- Tener guayabo („einen Kater haben“)
- Ñapa kommt von einem Quechua-Wort und bedeutet „Hilfe“ oder „Zunahme“. Etwas, das man kostenlos bekommt – oft üblich auf den Märkten oder beim Bäcker
- ¡Qué nota! („Das ist großartig“) – kann aber auch Personen beschreiben
- ¡Estar moscas! (wörtl.: „Fliegen sein“) – Sei wachsam, wie eine Fliege/ Pass auf
- ¡Es una chimba! – Ein Ausdruck mit verschiedenen Bedeutungen, je nach Kontext zum Beispiel „Das ist cool!“ oder „Auf keinen Fall/Nicht wirklich, Bruder.“
- Mono/Mona („blond, hellhäutige Person“) – aufgepasst: in Spanien wird damit jemand als hübsch bezeichnet
Indigene Sprachen in Kolumbien: Wayú
Wie zu Beginn genannt, gibt es eine Vielzahl indigener Sprachen in Kolumbien. Die Liste ist so lang, dass es schwierig wäre, sie hier alle aufzuzählen. Einige von ihnen sind vom Aussterben bedroht, da sie von den jüngeren Sprecher:innen kaum noch gesprochen werden. Andere werden jedoch noch von ganzen Gemeinschaften gesprochen. Eine von ihnen ist Wayú, auch Wayuunaiki genannt. Die Sprache wird im Norden Kolumbiens, aber auch in Venezuela von etwa 400.000 Menschen gesprochen. Sie zählt zu den meistgesprochenen indigenen Sprachen Südamerikas und gehört zur Familie der Arawak-Sprachen. Interessant ist, dass sie, wie auch das Türkische, agglutinierend ist. Das bedeutet, dass Wörter durch das Hinzufügen von Affixen gebildet werden, um verschiedene Bedeutungen und grammatische Funktionen auszudrücken.
Die Kreolsprachen Palenquero und San Andrés-Providencia-Kreolisch
Palenquero ist eine der zwei Kreolsprachen in Kolumbien und wird von der Bevölkerung in San Basilio de Palenque, südöstlich von Cartagena, gesprochen. Der Name der Sprache ist eng mit der bewegten Geschichte des Ortes verbunden. Er wurde im 17. Jahrhundert von geflohenen afrikanischen Sklav:innen als Palenque gegründet. Die Kreolsprache ist die einzige Kreolsprache Lateinamerikas, die auf dem Spanischen beruht und gleichzeitig grammatikalische Merkmale der Bantusprachen aus Angola und dem Kongo aufweist. Zudem enthält die Sprache portugiesische Elemente, da diese die damalige Sprache der Händler:innen war, die die ersten Sklaven nach Südamerika brachten. Heute zählt die Sprache laut Ethnologue zu den bedrohten Sprachen, da sie von den jüngeren Generationen immer weniger aktiv gesprochen wird. Es wurden jedoch Initiativen gegründet, um die Sprache zu fördern.
Die andere Kreolsprache Kolumbiens ist das San Andrés-Providencia-Kreolisch, welches auf dem Englischen basiert und von der Bevölkerung der Inseln San Andrés und Providencia gesprochen wird. Diese faszinierende Sprache hat ihren Wortschatz hauptsächlich aus dem Englischen übernommen, aber ihre Aussprache kann sich von der des Englischen unterscheiden. Neben den englischen Einflüssen hat das San Andrés-Providencia-Kreolisch auch eine Vielzahl von Ausdrücken aus dem Spanischen sowie afrikanischen Sprachen wie Kwa- und Igbo-Sprachen aufgenommen, was sie zu einer einzigartigen und kulturell vielfältigen Sprache macht. Die Kreolsprache zählt gemäß der kolumbianischen Verfassung von 1991 zu den offiziellen Amtssprachen der Inseln.