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Ist Sächsisch wirklich der schlimmste deutsche Dialekt?

Was ist Sächsisch? War der sächsische Dialekt schon immer so unbeliebt? Wir nehmen diese ganz besondere Art zu sprechen unter die Lupe.
Ist Sächsisch wirklich der schlimmste deutsche Dialekt?

Der bekannte Dialekt aus Sachsen kommt allgemein nicht so gut weg. Bei Umfragen über die Beliebtheit der deutschen Dialekte landet Sächsisch regelmäßig auf den unteren Plätzen. Aber was solltest du über den sächsischen Dialekt wissen?

Viel Verwirrung rund um Sächsisch

Beim Blick auf eine deutsche Dialektkarte wird schnell klar, dass unsere Vorstellung von einem sächsischen Dialekt (wie so oft) nicht deckungsgleich mit der linguistischen Definition ist: In der Sprachwissenschaft werden die niederdeutschen Dialekte als Niedersächsisch klassifiziert, also die „platten“ Dialekte, die im Norden Deutschlands gesprochen werden. Das hängt nicht etwa mit dem Bundesland Niedersachsen zusammen. Der Name kommt vom Volksstamm der Sachsen, der im ersten Jahrhundert im Nordwesten des heutigen Deutschlands und im Osten der heutigen Niederlande lebte.

Dass heutzutage ein paar andere Gebiete den Namen Sachsen tragen, obwohl dort nicht vorrangig die Nachfahren dieses Volksstamms leben, ist einer dynastischen Namenswanderung zu verdanken: Der Titel des Herzogs von Sachsen ging 1180 erstmals an einen Fürsten außerhalb des alten Volksgebietes der Sachsen. Mit späteren Fürsten wanderte dieser Titel geografisch immer weiter. Der Name Sachsen wurde aufgrund der Wichtigkeit des Titels (der mit der Ehre eines Kurfürsten verbunden war) auch auf die fürstlichen Länder und schließlich auf deren Bewohner übertragen. Das Sächsisch, das im Bundesland Sachsen gesprochen wird, wird zur Abgrenzung Obersächsisch genannt. Es gehört zu den ostmitteldeutschen Dialekten.

Wenn von Angelsächsisch die Rede ist, wird dagegen auf die Angeln und Sachsen verwiesen, die vor langer Zeit Großbritannien besiedelt haben – es ist also der englische Sprach- und Kulturraum gemeint.

Verwirren dich die vielen verschiedenen sächsischen Dialekten schon jetzt? Dann versuchen wir es noch einmal klarer auszudrücken: Es geht im folgenden Artikel um die Mundarten im heutigen Bundesland Sachsen. Leider hört die Verwirrung damit nicht ganz auf.

Warum in Sachsen kein Dialekt gesprochen wird

Da Dialekte eigentlich als geschlossenes Sprachsystem definiert werden, gilt der obersächsische Dialekt seit 100 bis 150 Jahren als ausgestorben. Die Mundarten, die viele heutige Hörende als Sächsisch einordnen würden, sind regionale Färbungen des Standarddeutschen, also Regiolekte. Der Unterschied zu einem Dialekt besteht darin, dass ein Regiolekt uneinheitliche dialektale Eigenheiten bezüglich Aussprache, Vokabular und Grammatik zugunsten überregionaler oder standardsprachlicher Elemente abgelegt oder abgemindert hat. Vielleicht nehmen Nichtsachsen den sächsischen Regiolekt genau darum so stark wahr – weil er eben im direkten Vergleich zum Standard steht.

Der sächsische Dialekt wird nicht nur in Sachsen gesprochen

Wie klingt „typisches Sächsisch“?

Abweichungen innerhalb der Mundarten in Sachsen gibt es viele. In der Oberlausitzer Mundart ist zum Beispiel ein gerolltes „amerikanisch“ klingendes [r] zu hören, das die wenigsten in die Ecke Sachsen stecken würden. Was außerhalb Sachsens und besonders im ehemaligen Westen als „das Sächsisch schlechthin“ wahrgenommen wird, ist das Meißnerische und damit das Thüringisch-Obersächsische.

Die typische thüringisch-obersächsische Aussprache kommt dadurch zustande, dass der Kiefer fest ist, die Lippen weniger bewegt werden und die Zunge weit hinten im Mund bleibt. Dadurch ergibt sich eine dunklere und entrundete Aussprache der Vokale und eine Weichheit bei den Konsonanten [p], [t] und [k], die zu [b], [d] und [g] werden. Sächsisch hat außerdem eine melodische Betonung im Satz, weswegen die Sprechweise manchmal als „französisch“ klingend wahrgenommen wird.

Sächsisches Vokabular kannst du dir hier aneignen.

Warum sind sächsische Regiolekte unbeliebt?

Bei Babbel glauben wir daran, positiv mit Sprache umzugehen. Das heißt unter anderem, dass wir verschiedene Sprachen und Sprachvarietäten als gleichwertig ansehen. Damit haben wir übrigens auch den Großteil der heutigen Sprachwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen auf unserer Seite, die schon lange keine normative und präskriptive Arbeitsweise mehr betreiben. Denn logisch betrachtet ist Sprache eben nicht … logisch. Sprache ist Konvention, geschichtlich bedingt und damit auch ein Produkt des Sprachwandels. Damit kann es keine Sprache geben, die inhärent „richtig“ oder „falsch“, „besser“ oder „schlechter“ ist.

Wem das unglaubwürdig erscheint, der sollte Folgendes in Betracht ziehen: Früher galt Sächsisch, besonders die Meißner Sprache, als vorbildlich. Sie war die Sprache von Martin Luthers Bibelübersetzung. Ebenso wurde Goethe von seinem Vater zum Studieren nach Leipzig geschickt, um dort neben Jura auch die sächsische Art zu sprechen zu lernen. Mit dem Niedergang der sächsischen Macht nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) und dem Aufstieg Preußens verlor das Sächsische schließlich so weit an Prestige, dass der Dialekt ausstarb.

Heute denken viele abwertend über Sächsisch als Sprechweise der „Ossis“ aus der „Provinz“ – etwas ironisch, denn es ist schon ziemlich engstirnig, alle Sprechenden einer bestimmten Mundart über einen Kamm zu scheren und negativ abzuwerten. Wir laden dazu ein, zukünftig positiver mit Sprache und ihren Dialekten umzugehen. Denn die deutsche Sprache wäre nicht dieselbe, wenn es sie nicht in ihrer Vielfalt gäbe.

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Katrin Sperling
Katrin Sperling ist in Potsdam geboren und aufgewachsen und hat nach dem Abitur ein Jahr in Toronto, Kanada verbracht. Weil ihr Hogwarts-Brief zu ihrem 20. Geburtstag im Jahr 2011 immer noch nicht angekommen war, musste sie schließlich die Realität akzeptieren und studierte Englische und Deutsche Linguistik in Berlin. Zum Glück erwies sich die Linguistik als genauso magisch, weswegen Katrin sehr glücklich ist, jetzt für das Babbel Magazin über Sprachen zu schreiben.
Katrin Sperling ist in Potsdam geboren und aufgewachsen und hat nach dem Abitur ein Jahr in Toronto, Kanada verbracht. Weil ihr Hogwarts-Brief zu ihrem 20. Geburtstag im Jahr 2011 immer noch nicht angekommen war, musste sie schließlich die Realität akzeptieren und studierte Englische und Deutsche Linguistik in Berlin. Zum Glück erwies sich die Linguistik als genauso magisch, weswegen Katrin sehr glücklich ist, jetzt für das Babbel Magazin über Sprachen zu schreiben.

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