Triggerwarnung: In diesem Text kommen rassistische Wörter und Redewendungen vor.
Sprache bedeutet immer auch Macht: Selbst wenn es uns bei vielen Redewendungen oder Wörtern nicht bewusst ist oder nicht auffällt, wird mit den folgenden Redewendungen und Wörtern diskriminierendes oder rassistisches Gedankengut verbreitet bzw. reproduziert. Mit dieser Sammlung erkennst du rassistische Wörter und Redewendungen mit rassistischem Ursprung nun im Alltag und weißt, welche Alternativen du stattdessen verwenden kannst.
Diskriminierende oder rassistische Wörter und Redewendungen
1. Schwarzfahren; das schwarze Schaf (der Familie); Schwarzarbeit; Schwarzmarkt; sich schwarzärgern; jemanden anschwärzen; warten, bis man schwarz wird
Bedeutung
- Schwarzfahren, Schwarzarbeit, Schwarzmarkt: illegale Versionen des jeweiligen Wortes
- Das schwarze Schaf (z.B: der Familie): aus der Reihe fallen
- Sich schwarzärgern: sich stark ärgern
- Jemanden anschwärzen: jemanden beschuldigen/schlecht über jemanden reden
- Warten, bis man schwarz wird: sehr lange warten
Hintergrund
Der Begriff ist wahrscheinlich eine Ableitung des rotwelschen Begriffs „schwärzen“, mit dem erst Schmuggel und später alle mögliche Arten von illegalen Aktivitäten (z. B. auch Schwarzbrennerei) bezeichnet wurden. Eine andere Theorie besagt, dass zumindest das Wort „Schwarzfahren” vom jiddischen shvartz bzw. shvarts abstammt, das für „Armut“ stehen soll –Schwarzfahrende also deshalb so heißen, weil sich arme Menschen keinen Fahrschein leisten konnten. Doch im Jiddischen bedeutet dieser Begriff genauso auch schwarz, wie beispielsweise im Satz Bay nakht zenen ale ki shvarts („Nachts sind alle Kühe schwarz”) und ist somit nicht so wertfrei, wie zuerst angenommen.
Weitere Thesen besagen, dass die Gleichsetzung von „schwarz“ mit illegalen Tätigkeiten von der Tatsache abstammt, dass solche Tätigkeiten meist in der Nacht durchgeführt wurden oder von der Gewohnheit der Schmuggler ihre Gesichter zu schwärzen, um sich unkenntlich zu machen.
Egal, ob Schwarzfahren rassistische Ursprünge hat oder nicht, steht Schwarz im Zusammenhang mit diesen Begriffen für etwas Negatives oder Illegales und das verletzt.
Im Gegenzug wird alles Weiße gerne als Synonym des Guten, Friedvollen, Unschuldigen verwendet wie beispielsweise „eine weiße Weste haben”, was so viel bedeutet wie „ein guter, unschuldiger Mensch sein” oder „die weiße Fahne hissen” um „Verhandlungs- oder Friedensbereitschaft” zu zeigen.
Sag stattdessen: Benenne es einfach bei dem, was es ist. Wenn du ohne gültiges Ticket fährst, dann sag es genau so, wenn du lange wartest, dann wartest du lange. Und wenn du anders als der Rest deiner Familie bist, dann machst du dein eigenes Ding.
2. Etwas mit links machen; zwei linke Hände haben
Bedeutung
- Etwas mit links machen: etwas ganz einfach erledigen können
- Zwei linke Hände haben: ungeschickt sein (besonders handwerklich), unbeholfen sein, tollpatschig sein
Hintergrund
Diese Redewendung besagt, das etwas, das man „sogar” mit links machen kann, leicht zu bewerkstelligen ist. Das kommt daher, dass Rechtshändigkeit weiter verbreitet ist als Linkshändigkeit bzw. Linkshändigkeit lange Zeit als negativ dargestellt wurde und es üblich war, Linkshändigkeit „umzuerziehen”, bzw. jemandem „auszutreiben”. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts gibt es Aufzeichnungen, in denen Ungeschicktheit mit „zwei linken Arme” oder Händen gleichgesetzt wurde. In einem Zitat wirft der Schriftsteller Heinrich Heine den Engländern vor, vor ihren Wallfahrten nach Frankreich zwei linke Hände zu haben und sie erst dort zu bewegen lernen.
Sag stattdessen: Sag statt „etwas mit links machen” „etwas im Schlaf können” und statt „zwei linke Hände haben” „nicht besonders geschickt sein”.
Rassistische Wörter: 3. Etwas türken; Schachtürke; einen Türken bauen
Bedeutung
- Etwas fälschen, manipulieren, vortäuschen; jemandem etwas vormachen
- Beispiel: eine „getürkte” Doktorarbeit
Hintergrund
Zum Ursprung dieses Wortes bzw. dieser Redewendung gibt es unterschiedliche Theorien und die Herkunft ist daher nicht eindeutig geklärt. Eine Theorie besagt, dass es aus dem militärischen Bereich stammt, nämlich als unter dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. Truppenbesichtigungen abgehalten wurden, zu denen Gefechtsübungen im Vorhinein einstudiert wurden, um sie eindrucksvoller zu gestalten. Dies war eigentlich untersagt, wurde aber bald als „Türkenmanöver“ oder „einen Türken bauen“ bezeichnet. Der erste Gebrauch wird einem Generalleutnant zugeschrieben, der diese Übungen oft in der Nähe einer türkischen Grabstätte abhielt. Diese spielte dabei eine wichtige Rolle und mag der Ursprung dieses Wortes sein.
„Schachtürke”, oder kurz „Türke”, war außerdem die umgangssprachliche Bezeichnung für einen mechanischen Schachspieler, oder Schachroboter, der 1769 konstruiert wurde. Der österreichisch-ungarische Hofbeamte und Mechaniker Wolfgang von Kempelen ließ Zuschauende im Glauben, dass das Gerät selbständig Schach spiele. Die Züge wurden von einer türkisch kostümierten Menschenfigur „ausgeführt”. Tatsächlich war darin aber ein Mensch versteckt, der es bediente. So erfolgte eine Irreführung des Publikums.
Die dritte These besagt, dass, als anlässlich der Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals im Jahre 1895 die entsprechende Nationalhymne des jeweiligen Kriegsschiffes bei dessen Passieren gespielt wurde, die Musikkapelle beim Eintreffen des türkischen Schiffes improvisieren musste. Weil sie die Noten nicht kannten, spielte die Kapelle aufgrund des Halbmondes in der türkischen Flagge das Volkslied Guter Mond, du gehst so stille.
Es hieß auch da, dass hier der erste „Türke gebaut” wurde.
Die militärische Bedeutung und die Bedeutung des Wortes haben sich mit der Zeit verallgemeinert und zur heutigen Bedeutung vermischt. Auch wenn die Herkunft des Wortes nicht ganz klar ist, verbindet es sich ganz klar mit einer Nationenbezeichnung, der eine Verhaltensweise zugesprochen wird. Deshalb wird sie als diskriminierend empfunden.
Sag stattdessen: fälschen, manipulieren, vortäuschen
4. Das kommt mir spanisch vor
Bedeutung
- etwas merkwürdig finden; etwas nicht verstehen
Hintergrund
Diese Redewendung stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem 16. Jahrhundert, als Kaiser Karl V., der seit 1516 spanischer König war, 1519 zum deutschen Kaiser gekrönt wurde. Doch nun war nicht nur der Kaiser neu, sondern auch eine ganze Reihe an ungewöhnlichen Sitten, wie zum Beispiel, dass Spanisch als Verkehrssprache eingeführt wurde oder das Tragen der Kröse, einer gefalteten oder gerüschten Halskrause.
Die Änderungen wahren ungewohnt und kamen den Bediensteten und Untertanen somit „spanisch” vor. Auf Deutsch existiert auch noch der Spruch „Das ist ein böhmisches Dorf für mich”. Viele Deutsche zogen im 12. und 13. Jahrhundert in das Gebiet im westlichen Teil Tschechiens, wo die Namen vieler Orte fremdartig und unverständlich klangen.
Der Spruch existiert auch in anderen Sprachen, so sagt man im Italienischen Mi sembra tedesco („Das scheint mir deutsch zu sein”) oder auf Französisch C’est du chinois („Das ist Chinesisch”), während man auf Chinesisch Unverständliches mit Vogelsang gleichsetzt.
Achtung, falscher Freund! That’s Greek to Me („Das kommt mir griechisch vor“) auf Englisch bedeutet nicht, dass einem etwas eigenartig vorkommt, sondern, dass man etwas gar nicht versteht (wie das deutsche „Ich verstehe nur Bahnhof“).
Doch was ist an diesen Redewendungen nun diskriminierend? Bei der Verwendung in egal welcher Sprache bleibt eines gleich: Fremde Länder werden als komisch, seltsam oder unverständlich dargestellt, was verletzend sein kann.
Sag stattdessen: das kommt mir komisch vor
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Antisemitische Redewendungen
5. Hipp hipp Hurra!
Bedeutung
- Ausruf zum Glückwunsch
Hintergrund
„Hipp” geht vermutlich auf die lateinische Abkürzung H.E.P. zurück, was wiederum für Hicrosolyma Est Perdita („Jerusalem ist verloren/zerstört”) steht und von den Römern, die im zweiten Jahrhundert nach Christus Jerusalem belagerten, verwendet wurde. Im Mittelalter wurde der Spruch dann als Schlachtruf bei Kreuzzügen gegen Jerusalem und jüdische Personen bekannt. 1819 fanden eine Reihe gewalttätiger Ausschreitungen gegen Juden in vielen Städten des deutschen Bundes statt. Jüdische Einwohnende wurden beschimpft, misshandelt und ihre Orte angegriffen und zerstört, während erneut der Schlachtruf „Hipp Hipp Hurra” fiel.
Die Unruhen sind heute als Hep Hep Unruhen oder Hepp-Hepp-Krawalle bekannt. Ende des 19. Jahrhunderts entstand das sogenannte „Borkum-Lied (Hipp Hipp Hurra)”, ein Hetzlied antisemitischer Gäste in Badeorten an der Ost- und Nordsee. Dort wurde täglich zum „Hipp-Hipp-Hurra-Marsch” gesungen, während jüdische Gäste aufgefordert wurden, die Insel zu verlassen.
Sag stattdessen: Hurra, juhu
6. Bis zur Vergasung
Bedeutung
- Sehr lange, bis zum Umfallen
- Etwas so überdrüssig sein, dass man sich lieber durch Giftgas töten lassen würde
Hintergrund
Auch wenn diese Redewendung vielleicht ursprünglich aus den Naturwissenschaften kommt und den physikalischen Prozesses des „Zu-Gas-Werdens” als Zustand eines Stoffes beschreibt, assoziiert man mit ihr vor allem den Massenmord an jüdischen Gefangenen während des Nationalsozialismus durch Vergasung, also Tötung durch Giftgas.
Seit dem Holocaust lassen sich diese Taten nicht mehr von der Redewendung trennen. Manche Theorien weisen darauf hin, dass die Redewendung bereits im Ersten Weltkrieg benutzt wurde, als man auf seinem Posten blieb, bis man vergast wurde, also ein Gasangriff passierte. Für diese Theorien gibt es aber keine Beweise.
Sag stattdessen: bis zum Geht-Nicht-Mehr, sehr lange
7. Durch den Rost fallen
Bedeutung
- Benachteiligt sein
- Nicht beachtet oder berücksichtigt werden
- Leer ausgehen, Pech haben
Hintergrund
Diese Redewendung wird mit den grauenhaften Verbrennungen in den Konzentrations- & Vernichtungslagern im Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Mit dem Rost ist das Eisengitter eines Ofens gemeint, das die Asche von gröberen Rückständen trennt. Das Bild eines Eisengitters zum Ausdruck einer Benachteiligung ist bereits seit dem Mittelalter als Redensart im Umlauf.
Sag stattdessen: leer ausgehen, benachteiligt werden
Rassistische Wörter & Redewendungen: 8. Jedem das Seine
Bedeutung
- Jeder Mensch bekommt das, was er verdient oder ihm zusteht.
Hintergrund
Auf Lateinisch heißt dieser Spruch Suum cuique, welcher ein Grundsatz des antiken Griechenland war und gewissermaßen für Recht und Gerechtigkeit, besonders der Verteilungsgerechtigkeit, steht.
So harmlos der Spruch auch klingt, „Jedem das Seine” hing in großen Lettern an den Eingangstoren des Konzentrationslagers Buchenwald. Während der Spruch „Arbeit macht frei” bekannter ist, sollte mit „Jedem das Seine” zum Ausdruck kommen, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht und die Taten sozusagen „legitimiert” werden. Dass dieser Spruch häufig unwissentlich verwendet wird, zeigt sich auch darin, dass er immer wieder als Werbeslogan eingesetzt wird.
Sag stattdessen: jedem/jeder, was ihm/ihr gebührt
Hoffentlich hilft dir dieser Artikel dabei, rassistische Wörter und Redewendungen in Zukunft besser zu vermeiden!
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