Jedes Mal, wenn ich ein brasilianisches Lied höre, möchte ich an den Strand gehen und mich im Horizont verlieren, während sich meine Finger in den warmen Sand graben. In solchen Momenten des Fernwehs bin ich zwischen Sehnsucht, Emotionalität und Melancholie hin- und hergerissen. Meine Cousins und Cousinen aus Rio de Janeiro würden diese poetische Situation mit einem einzigen Wort beschreiben: saudade – ein portugiesisches Lieblingswort, das so viele Bedeutungen in sich vereint, dass es nur mit einer langen Umschreibung erklärt werden kann – so, wie ich es gerade getan habe.
Portugiesisch hat mich immer zutiefst fasziniert – sei es wegen seines weichen und verführerischen Klangs, sei es, weil das portugiesische [d] ein schwer zu produzierender Laut ist, der an die Wellen am Strand von Copacabana erinnert, oder sei es, weil ein großer Teil meiner Familie in Brasilien lebt… Ich kann meine Vernarrtheit in die Sprache nicht genau in Worte fassen. Was ich stattdessen tun kann, ist, mit euch ein paar meiner liebsten portugiesischen Wörter zu teilen und euch ihre Bedeutung näherzubringen. Beginnen wir doch gleich mit dem Wort, von dem ich euch bereits erzählt habe: saudade.
Saudade
Nomen: Bedeutung unübersetzbar
Das Wort saudade ist in dieser Liste ganz besonderer Wörter, weil es unübersetzbar ist. Manche definieren es als „die Liebe, die verbleibt“ oder als „die Sehnsucht nach jemandem oder etwas“. Andere verbinden das Gefühl auch mit der „Melancholie, die man für etwas empfindet, das man noch nicht erlebt hat“.
Cafuné
Nomen: „die Geste, mit der man einer geliebten Person durch die Haare streicht“
Auch das Nomen cafuné fällt in die Kategorie der unübersetzbaren Wörter. Seine Bedeutung ist dagegen etwas klarer: Cafuné beschreibt „die Geste, mit der man jemandem, den man liebt, sanft durch die Haare streicht“.
Xodó
Nomen: „Liebling“
Und wo wir gerade von Romantik sprechen: Xodó ist ein wunderschönes portugiesisches Kosewort – nicht nur für Menschen, sondern auch für unbelebte Objekte. Wundert euch also nicht, wenn jemand sein Auto als sein xodó bezeichnet – Liebe kennt schließlich keine Grenzen! Wenn man jedoch so weit geht, die cafuné an seinem Auto zu praktizieren, ist das noch mal eine ganz andere Geschichte…
Moleque
Nomen: „Lausbube“
Als moleque bezeichnet man einen kleinen Jungen, der manchmal leichtsinnig oder draufgängerisch, und manchmal einfach nur verwöhnt ist. Mit anderen Worten: was die Italiener „un ragazzaccio“, die Engländer „a bad boy“ und die Deutschen „einen Lausbuben“ nennen!
Cabeleireiro
Nomen: „Friseur“
Nein, cabeleireiro bezeichnet keinen karibischen Tanz (aus irgendeinem Grund war das meine erste Assoziation, als ich das Wort gehört habe), sondern einen schlichten… „Friseur“. Trotzdem kann ich das Bild einer Gestalt, die wild tanzend und mit rhythmisch klappernden Scheren meine Haare schneidet, einfach nicht loswerden.
Azulejo
Nomen: „Fliese“
Wenden wir uns einem sehr bekannten Wort zu: azulejo. Klingelt es noch nicht? Dann stell dir für einen Moment vor, dass du in einer portugiesischen Stadt bist … nehmen wir doch gleich die Bekannteste und entscheiden uns für Lissabon! Du lässt deinen Blick über die Häuser und Wände, die mit blauen Fliesen verziert sind, schweifen und bewunderst den bezaubernden Anblick, den die glasierten Keramikquadrate der Stadt verleihen. Und das eben sind sie: die berühmten azulejos. Lass dich auf die Geschichten ein, die sie dir mit ihren Mustern erzählen möchten…
Cachoeira
Nomen: „Wasserfall“
Cachoeira – wenn du dieses Wort wieder und wieder aussprichst, verwandelt sich der Laut, der über deine Lippen kommt, langsam in den Klang von Wasser, das einen Felsen herabstürzt und geräuschvoll auf einen Fluss trifft. Das ist kein Zufall, denn das Wort bedeutet „Wasserfall“, und für mich ist es eines der schönsten lautmalerischen Wörter der portugiesischen Sprache.
Melancia
Nomen: „Wassermelone“
Wie wäre es jetzt mit einem Stück melancia? So wird eine „Wassermelone“ auf Portugiesisch genannt. Ich weiß nicht, warum, aber das Wort erinnert mich immer an die Episode aus Marcel Prousts Roman, der sich beim Hineinbeißen in eine Madeleine in seine Kindheit zurückversetzt fühlt. Vielleicht, weil das Wort melancia der „Melancholie“ so ähnlich klingt? Mit Sicherheit wird meine Wassermelone nach dieser Liste portugiesischer Wörter sehr nach saudade schmecken.