Es rinnt ganz kühl durch meine Kehle und ist auch Balsam für die Seele.
Bier ist das beliebteste alkoholische Getränk der westlichen Hemisphäre. Seit den 1970er Jahren liegt der Pro-Kopf-Konsum von Bier in Deutschland konstant weit über 100 Liter pro Jahr. Dies ist aber nur ein Teil davon, denn die Herstellung und die Geschichte des Biers ist eine spannende kulturelle Entdeckungsreise, die 5000 Jahre vor Christus beginnt und noch lange nicht beendet ist.
Es ist also höchste Zeit, dass wir uns dem Gebräu widmen und dabei einen Blick auf eine große Biernation werfen: England.
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Bevor wir englische Biersorten unter die Lupe nehmen, ist es hilfreich, das deutsche „Bier“ und das englische ale zu klären. Die Etymologie von „Bier“ ist in der Forschung umstritten. Eine geläufige Auffassung ist, dass das indoeuropäische bhreu oder bherw („brauen“) die Wurzel für das althochdeutsche bior bildet, was zum „Bier“ wurde. Parallel dazu entwickelte sich ein zweites Wort für „Bier“, nämlich aus dem altenglischen ealu das englische ale. Vor dem 15. Jahrhundert bezeichneten „Bier“ und ale verschiedene Malzgebräue: bior war mit Hopfen, ealu ohne. Allerdings haben sich ab dem 15. Jahrhundert die Brauverfahren beider Getränke ausdifferenziert und zu einer Bandbreite an verschiedenen Sorten geführt. Dadurch bezeichneten die Vokabeln „Bier“ und ale die gleichen Getränke. Heute findet man „Bier“ sowie die dazugehörigen Sprachvarianten (wie das niederländische beer oder italienische birra) im kontinentalen Sprachgebrauch; dagegen wird ale und seine Sprachvarianten (beispielsweise norwegisches øl oder schwedisches öl) auf der britischen Insel sowie in skandinavischen Ländern benutzt.
Was sind die sechs beliebtesten englischen Biere und was steckt hinter ihren Namen?
Bier Nummer 1: IPA (Indian pale ale)
Im Namen des wieder in Mode gekommenen Indian pale ale steckt ein Hinweis auf die Geschichte dieses Biers. IPA wurde konzipiert, um ein im 18. Jahrhundert herrschendes Problem zu lösen: Die Truppen des British Empire waren im Osten ihrer Regierungsgebiete, sprich im heutigen Indien, durstig nach ale. Allerdings erlaubte das Klima in Indien kein Brauen vor Ort. Jedoch dauerte der Weg von der Insel bis in die Kolonie damals ein halbes Jahr – kaum vorzustellbar heutzutage! Während der sechs Monate langen Reise wurde das Bier ungenießbar.
Ende des 18. Jahrhunderts experimentierte ein Londoner namens Hodgson mit der Zugabe von hops („Hopfen“), um das Bier zu konservieren. Das Ergebnis nannte er October beer, ein weizenstarkes Bier, das noch im Gärungsprozess verladen wurde und während der Reise bleicher wurde. Bei Ankunft in Indien entlud man das erfrischende, heute als IPA bekannte Bier.
Durch die Einführung von Kühlmöglichkeiten verschwand der Bedarf an IPA – bis dieses Ende der 70er in den USA zur Mode kam. Von dort trat das IPA nach einer jahrhundertlanger Weltreise wieder den Weg zurück nach England (und Europa) an, wo es heute zu den beliebtesten Biersorten zählt.
Bier Nummer 2: pale ale
Zur ungefähr gleichen Zeit wie das IPA entwickelte sich eine neue Produktionsart des ale: So wurde das Malz (malt oder auch pale malt) über einem Koksfeuer geröstet. Dieser Schritt in der Bierproduktionskette sorgt für die hellere Farbe des Endprodukts. So erklärt sich die Namensgebung, da pale „blass“ heißt.
Dank des Schiffsverkehrs und neuer Handelsabkommen hat das pale ale im 18. Jahrhundert von England aus die Welt erobert und ist international zu einer der beliebtesten Biersorten geworden.
Oftmals wird pale ale als Sammelbegriff für verschiedene Unterkategorien englischer Biere benutzt, zu denen beispielsweise blonde oder bitter zählen. Variationen von pale ale unterscheiden sich häufig bezüglich der Hefe, (yeast oder barm bedeutet „Bierhefe“), die im Gärungsprozess zur Alkoholgewinnung eingesetzt wird.
Bier Nummer 3: bitter
Diese karamellfarbene Variante des pale ale stammt aus dem 19. Jahrhundert. Deutsche Muttersprachler vermuten oftmals intuitiv, dass ein englisches bitter eher bitter schmeckt. Entgegen dieser Assoziation verweist die Bezeichnung bitter auf einen gerstenreichen Geschmack, der allerdings deutlich milder und süffiger ist als beispielsweise komplexe Schwarzbiere.
Charakteristisch für ein bitter ist der Geruch und Geschmack von Butter. Dabei ist gar keine Butter im Spiel! Bierhefe produziert beim Gären das Zwischenprodukt Diacetyl, was butterig ist und ranzig riecht. Beim bitter zieht man diesen Produktionsschritt in die Länge, sodass mehr Diacetyl produziert wird und somit auch der Buttergeschmack stärker präsent ist.
Beim Bestellen im Pub wirst du bestimmt auf verschiedene Kategorien des bitter treffen: light, session, ordinary, best, special und premium. Diese klassifizieren nicht die Qualität des Bieres, sondern dessen prozentualen Alkoholgehalt: session bitter ist mit unter 4 Prozent Alkohol eher leicht, dementsprechend zählt premium bitter mit über 5 Prozent zum starken bitter.
Möchtest du mehr darüber lernen, wie du Geschmackseindrücke im Englischen adäquat beschreiben kannst? In diesem Artikel geben wir dir das richtige Vokabular für diese Herausforderung zur Hand.
Bier Nummer 4: mild ale
Mild ale (oder auch mild brown und mild brown ale) ist – wie der Name schon verrät – ein bekömmliches, dunkelbraunes Bier. Mild bezeichnet den „milden, jungen“ Charakter, der, je nach Marke, unterschiedlich süß ist. Die Geschmackspalette reicht dementsprechend von Karamellnoten über Nuss und Rosinen zu Schokolade. Als Faustregel kann man sagen, dass im Norden Englands mild ale weniger süß als im Süden ist.
Historisch zählte mild ale bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den populärsten Bieren Englands. Danach ging der Konsum aufgrund der geringeren Verfügbarkeit zurück: Zur Zeit der beiden Weltkriege wurden regulierende Maßnahmen erlassen, die das Bierbrauen von mild ale erschwerten.
Bier Nummer 5: porter
Dieses urbritische Bier wurde bereits im 18. Jahrhundert im Herzen Englands, nämlich London, gebraut. Um die Herkunft seines Namens zu klären, müssen wir etwas länger ausholen: Vom lateinischen portare („etwas tragen“) zum altfranzösischen porteour („Träger“) betrat porter das Englische als Lehnwort und wurde bekannt als Biersorte, die ein besonders komplexes Geschmacksspiel in sich trägt.
Ähnlich wie ein Wein reift, wird porter lange gegärt und als erstes Bier bereits trinkfertig in Flaschen abgefüllt. Das starke Dunkelbier wurde traditionell mit konzentriertem brown malt gebrüht, teils unter Zugabe von Farbstoffen. Mit dem Reinheitsgebot zu Beginn des 19. Jahrhunderts musste ein Ersatz gefunden werden, um die Farbe beizubehalten. So wurde das heute ikonische und mittlerweile patentierte black malt oder auch patent malt hergestellt, das den dunklen, leicht sauren porter unverwechselbar macht.
Bier Nummer 6: stout
Wie man nun genau porter von stout unterscheidet, kann jeden Stammtisch in Diskussionen versetzen. Fest steht, dass stout als Variante von porter entstand, indem statt hops („Hopfen“) der sogenannten Bierwürze (einem Zwischenstadium in der Bierherstellung) barley („Gerste“) hinzugefügt wurde. Das Wort stout ist westgermanischen Ursprungs: stilt bezeichnet „kräftig, fest“ und „Pfeiler, Stütze“ – somit spielt es auf den kräftigen Geschmack des Biers hin.
Das wohl berühmteste stout ist das irische Guinness, welches ein besonders cremiges Schwarzbier ist. Der typische Gerstengeschmack von Guinness (benannt nach seinem Brauer Arthur Guinness) verleiht eine rauchige Note.
Neben dem klassischen Gersten-stout gibt es auch wagemutigere Sorten, wie milk stout mit Laktose, oat stout mit Hafer und sogar oyster stout mit Austern. Also Obacht bei der Bierwahl!
Kleine Warnung für dein nächstes britisches Bier: Genieße dein pint, egal, welches du dir auswählst. Vergiss dabei nicht, dass dunkles Bier in England traditionell eher lauwarm serviert wird. Das akzentuiert die Komplexität des Biers merkhaft und mag etwas ungewohnt (oder auch abgestanden) schmecken. Falls du trotzdem denkst, dass dir vielleicht ein altes Bier serviert wurde, dann vergiss beim nächsten Mal nicht das Trinkgeld! Das liegt pro Bier ungefähr bei einem britischen Pfund. Cheers!