Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, wie meine Liebe für französische Redensarten begann. Ich saß im Garten einer Freundin im Südwesten Frankreichs und genoss den sonnigen Spätsommer, als sie mir erzählte, dass die Politiker schon wieder die Steuern erhöhen wollten. „C’est donner de la confiture aux cochons“, seufzte sie betrübt und schenkte sich noch einen Ricard ein.
„Das ist Konfitüre für die Schweine.“
In unserer Sprache finden sich kulturelle Einstellungen gegenüber Tieren wieder, und besonders Schweine scheinen dabei im indoeuropäischen Sprachraum nicht gut wegzukommen. Die Franzosen vertrauen ihnen nicht nur ihre selbstgemachte confiture äußerst ungern an, darüber hinaus kann man wie im Deutschen auch auf Französisch jemandem vorwerfen, wie ein Schwein zu essen (manger comme un cochon). Und wenn ein Zimmer wie ein Schweinestall aussieht, dann könntest du murren, dass hier „ein Schwein seine Ferkel nicht finden könnte“ (un cochon n’y retrouverait pas ses petits).
Wenigstens trägt die deutsche Sprache halbwegs zur Ehrenrettung der Schweine bei, wenn wir Glück oder eben Schwein haben oder ich als Ausdruck ungläubiger Entrüstung glaube, mein Schwein pfeift!
Die französische Sprache hingegen hat eine besondere Vorliebe für Katzen. Während man im Deutschen keine schlafenden Hunde wecken soll, „lässt man im Französischen besser die Katze schlafen“: ne réveillez pas le chat qui dort. Und genauso hat man keinen Frosch im Hals, sondern un chat dans la gorge. Ebensowenig nennt man das Kind beim Namen, sondern „nennt eine Katze eine Katze“ (appeler un chat un chat), und wer das Handtuch wirft, „gibt seine Zunge der Katze“ (donner sa langue au chat). Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch – das tun sie auch in Frankreich, wenn auch nicht unbedingt auf dem Tisch: Quand le chat est parti, les souris dansent.
In Frankreich ist man nicht störrisch wie ein Esel, sondern „störrisch wie ein Maultier“ (têtu comme une mule), und man wartet auch nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern auf den Tag, „wenn Hühner Zähne haben“ (quand les poules auront des dents). Wenn dir ein Franzose sagt, dass du „wie ein Huhn bist, das ein Messer gefunden hat“ (t’es comme une poule qui a trouvé un couteau), meint er, „du bist sehr verwirrt“ – womit er wahrscheinlich Recht hat. Und keine Sorge, wenn du den Tag vor dem Abend lobst – Hauptsache, du „verkaufst nicht die Haut des Bären, bevor er erlegt ist“ (vendre la peau de l’ours avant de l’avoir tué).
Apropos Bär: Ein ungeselliger oder ungehobelter Mensch ist un ours mal léché, „ein schlecht geleckter Bär“. Benutze den Ausdruck doch das nächste Mal, wenn dich jemand in einem Restaurant blamiert.
Da das Französische einen gewissen Einfluss auf die deutsche Sprache hatte – zum Beispiel auf den Berliner Dialekt – ist es nicht sonderlich überraschend, dass eine Menge Ausdrücke in beiden Sprachen gleich sind. Prendre le taureau par les cornes heißt „den Stier bei den Hörnern packen“; rusé comme un renard heißt „schlau wie ein Fuchs“ und dormir comme une marmotte heißt „schlafen wie ein Murmeltier“.
Andere französische Redensarten sind nicht so selbsterklärend. Ich weiß noch, wie ich mich gefragt habe, warum einem Freund von mir „ein Kaninchen gegeben wurde“ und was er damit anfangen wollte. „Sich ein Kaninchen geben lassen“ (se faire poser un lapin) heißt, „von jemandem versetzt zu werden“. Avoir le cafard oder „die Küchenschabe haben“ bedeutet, „Trübsal zu blasen“. Noyer le poisson („den Fisch ertränken“) heißt, „jemanden übers Ohr zu hauen“. Und die französische Version von einen Vogel haben? – „Eine Spinne an der Decke haben“ (avoir une araignée au plafond).
Ach, und wie war das mit dem unschuldigen Hund, der getötet werden sollte? A boire, ou j’tue le chien ! ist ein Ausruf, den du vielleicht einmal in einer Bar von jemandem hören wirst, der unglaublich durstig ist. Meines Wissens stammt dieser Ausdruck aus dem Mittelalter, als die Weinvorräte in den Wirtshäusern von Hunden bewacht wurden. Ob das stimmt? Keine Ahnung, ich bin wie ein Huhn, das ein Messer gefunden hat.
Noch ein paar französische Redensarten mit Tieren
À bon chat, bon rat – „der guten Katze eine gute Ratte/ wie du mir, so ich dir”
Faire un froid de canard – „entenkalt sein/ bitterkalt sein”
Être franc comme un âne qui recule – „aufrichtig wie ein zurückweichender Esel sein/ lügen, heucheln”
Passer du coq à l’âne – „vom Hahn zum Esel springen/ von einem Thema zum nächsten springen”
Brider l’âne par la queue – „den Esel beim Schwanz aufzäumen/ das Pferd von hinten aufzäumen, etwas verkehrt anfangen”
S’ennuyer comme un rat mort – „Sich langweilen wie eine tote Ratte/ sich zu Tode langweilen”
Laisser pisser le mérinos – „die Merinoschafe pinkeln lassen/ sich nicht provozieren lassen”
La vache ! – „Die Kuh!/ Donnerwetter!”
Quand on parle du loup, on en voit la queue. – „Wenn man vom Wolf spricht, sieht man seinen Schwanz./ Wenn man vom Teufel spricht, ist er nicht weit.”
Kennst du noch andere französische Redensarten, die einfach wundervoll sind?