Den Einbürgerungsprozess zweier Briten – illustriert von Jana Walczyk
Die deutsche Staatsbürgerschaft ist weltweit hoch angesehen – und sie zu bekommen ist wahrlich kein Zuckerschlecken. Wir führen dich durch den Bürokratiewahnsinn und teilen dir das Wichtigste mit, was du über den Einbürgerungsprozess wissen musst. Damit dies nicht allzu trocken wird, widmen wir uns dem Schicksal zweier Briten, die im Schatten des Brexits ihre deutsche Staatsbürgerschaft erhalten möchten.
Bei dem bekanntesten Referendum des Vereinigten Königreichs am 23. Juni 2016 stimmten 51,89 % der Wähler für den Austritt aus der Europäischen Union. Der sogenannte Brexit war für viele ein Schock und rief unter allen Emotionen vor allem eine hervor: Unsicherheit. Wie sieht es mit den Briten aus, die bisher in der EU gelebt und gearbeitet haben? Immerhin müssen 21.000 Gesetze und Regeln geändert und neu verhandelt werden. Zwei bei Babbel bekannte Briten regte dies zum Nachdenken an: David und Ed. Sie haben viel gemeinsam. Sie haben beide lange bei Babbel gearbeitet und sich dort Herausforderungen gestellt – sei es, Französisch oder Norwegisch zu lernen oder ihre Deutschkenntnisse auf die Probe zu stellen und sich am österreichischen Deutsch zu versuchen. Sie sind beide aus dem Südwesten Englands, denken als erstes an Königsberger Klopse, wenn sie nach ihrem deutschen Lieblingsgericht gefragt werden, und haben sich beide in eine deutsche Frau verliebt – jeweils in eine andere zum Glück. Und beide haben nach dem Brexit beschlossen, deutsche Staatsbürger zu werden.
Die Gründe, eine deutsche Staatsbürgerschaft erlangen zu wollen, sind emotional, politisch und schlichtweg individuell. Für einen Einbürgerungsprozess müssen jedoch bestimmte Kriterien erfüllt sein – und Sprachkenntnisse stehen hierbei ganz oben auf der Liste.
Für Ed kam dieser Wunsch gleich während des Referendums, als er im Urlaub in Kroatien von den Ergebnissen erfuhr. Ed hat in Spanien und Deutschland gelebt, er fühlt sich in der EU inzwischen genauso zu Hause wie in England. Für ihn war der Weg die doppelte Staatsbürgerschaft. Als Staatsangehöriger des Noch-EU-Mitgliedslandes Großbritannien musste Ed nicht zwischen den Nationalitäten wählen.
David dachte zunächst ganz wie ein Politikwissenschaftler und hatte viel über die möglichen außen- und innenpolitischen Folgen und Handlungsoptionen für Regierungen und Zivilbevölkerung zu sagen. Als ihn aber ein Freund fragte: „David, was wirst du denn machen, wenn Großbritannien ausgetreten ist?“, wusste er keine Antwort. Jetzt weiß er: „Ich zahle in Deutschland Steuern, wohne hier seit Jahren und meine Freundin ist Deutsche. Ich sollte auch Deutscher werden.“
Welche Voraussetzungen braucht man zur Einbürgerung in Deutschland?
Wenn man nicht nach dem Abstammungsprinzip oder Geburtsortprinzip deutsch ist, muss man für die Einbürgerung bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Ed und David haben dasselbe gemacht, was wir auch allen anderen potenziellen deutschen Staatsbürgern ans Herz legen: Sie haben sich bei den jeweiligen offiziellen Stellen informiert, also der Einbürgerungsbehörde oder -abteilung ihres Wohnortes. Dort findest du aktuelle und ausführliche Informationen zu dem, was wir dir hier in Kurzform präsentieren.
- Du hast ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland
- Du sicherst für dich und deine Familienangehörigen ohne Sozialhilfe und Arbeitslosengeld den Lebensunterhalt
- Ausnahmen sind möglich, zum Beispiel dann, wenn die Arbeitslosigkeit durch eine betriebsbedingte Kündigung eingetreten ist oder wenn du Bezüge während der Schul-, Ausbildungs- oder Studienzeit bekommen hast.
- Du lebst seit mindestens acht Jahren gewöhnlich und legal in Deutschland
- Eine Verkürzung der Lebenszeit in Deutschland von acht auf sieben oder sechs Jahre ist möglich, wenn du erfolgreich einen Integrationskurs abgeschlossen, einen deutschen Ehepartner oder besondere Integrationsleistungen erbracht hast. Als besondere Integrationsleistungen zählen unter anderem eine längere ehrenamtliche Tätigkeit bei einer gemeinnützigen Organisation oder Sprachkenntnisse auf mindestens dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens.
- Du verfügst über ausreichende Deutschkenntnisse (das heißt mindestens Sprachniveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens)
- Du kannst deine Sprachkenntnisse in verschiedenen Formen nachweisen, zum Beispiel durch eine erfolgreiche Teilnahme an einem Sprachkurs im Rahmen eines Integrationskurses, durch das Zertifikat Deutsch oder andere Sprachdiplome, durch einen mindestens vierjährigen erfolgreichen Besuch einer deutschsprachigen Schule, durch einen erfolgreichen Hauptschul- oder Realschulabschluss oder Abitur, durch einen Nachweis über die Versetzung in die zehnte Klasse einer deutschsprachigen Schule, durch eine abgeschlossene deutschsprachige Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Studium an einer deutschsprachigen (Fach-)Hochschule.
- Du hast staatsbürgerliches Grundwissen
- Dieses kannst du nachweisen über einen deutschen Schulabschluss, einen Abschluss an einer berufsbildenden Schule, einen Studienabschluss in Rechts-, Gesellschafts- Sozial-, Politik- oder Verwaltungswissenschaften oder durch einen Einbürgerungstest.
- Du hast deine alte Staatsangehörigkeit verloren oder gibst sie auf
- Ausnahmen sind möglich.
- Du hast keine Vorstrafen
- Du bekennst dich zum deutschen Grundgesetz
Welche Unterlagen brauchst du für die Einbürgerung? Welche Formulare musst du ausfüllen?
Welche konkreten Unterlagen und Formulare für eine Einbürgerung in Deutschland erforderlich sind, hängt vom Einzelfall ab – dein persönlicher Berater in der zuständigen Behörde kann dir mehr sagen.
Wie viel kostet eine Einbürgerung in Deutschland?
Die Einbürgerung kostet 255 € für Erwachsene.
Wie ging es also für unsere beiden Briten weiter?
So weit, so gut für Ed und David. Beide hatten zur Zeit der Antragstellung als (Noch-)EU-Bürger ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, hatten seit sieben Jahren in Deutschland gelebt, hier studiert und sprechen sehr gut Deutsch. Sie haben feste Jobs und keine Vorstrafen. Und sie akzeptieren die demokratische Grundordnung des deutschen Grundgesetzes. Eine andere Staatsbürgerschaft anzunehmen, ist aber nicht nur eine bürokratische Frage. Es ist eine sehr persönliche Entscheidung, die besonders dann, wenn man die alte Staatsbürgerschaft aufgeben muss, mit einigen Gewissenskonflikten und Identitätsfragen einhergeht.
Ed hat schon die erste Hürde genommen, er hat seiner Mutter von seiner Entscheidung erzählt. David hatte vor dem Gespräch etwas Bammel, dann ist es aber doch relativ problemlos verlaufen – auch wenn seine Eltern erst überhaupt nicht verstanden haben, warum er Deutscher werden möchte. Die Antwort: „Weil ich dann meine EU-Rechte behalten kann und weil ich mich hier endlich integrieren will“, haben sie mit leichter Skepsis aufgenommen. Aber auch sie mussten akzeptieren, dass es ihrem Sohn ernst mit der Einbürgerung ist – wenn schon nicht damals, als er seine Liebe zu Berlin mit einem Tattoo des Berliner Bären verewigte, dann spätestens in dem Moment, als er eine gelbe Rose und eine deutsche Einbürgerungsurkunde in der Hand hielt.