Die österreichische Landessprache ist zwar Deutsch, aber wenn Landsleute auf Erstbesuch in Berlin im Restaurant den „Weißen Spritzer“[1] mit „Bankomat[2]“ zahlen wollen und nur Fragezeichen in den Augen des Gegenübers erscheinen, zeigt sich, dass Deutsch wohl nicht gleich Deutsch ist … Höchste Zeit, sich die häufigsten Begriffe im österreichischen Alltag, die sich vom Bundesdeutsch unterscheiden, anzusehen:
1. Grüß Gott / Servus / Griaß di – Begrüßungsformeln
„Hallo” und „Guten Tag” werden zwar in Österreich immer häufiger verwendet, aber gerade um bei der älteren Generation einen guten Eindruck zu machen, sollte man doch zum katholisch geprägten Gruß greifen. Ein charmantes „Servus” (oder auch „Servas“ / „Seas“) funktioniert besser bei Jüngeren und beim Wandern oder außerhalb von Städten ist „Griaß di“ (Plural: „Griaß enk“ / „Griaß eich“ = Grüß euch) die beste Wahl.
Beispielsatz: „Servus, grüß dich, wie geht’s dir?“
2. Sich ausgehen – Möglich sein, ausreichen, schaffen
Drückt die Machbarkeit einer Sache aus. Egal ob es um die Deadline bei der Arbeit geht oder den dritten Koffer, der nicht mehr in den Kofferraum passt. oder aber zwischenmenschliche Differenzen, die eine Partnerschaft unmöglich machen – das geht sich alles einfach nicht aus.
Beispielsätze:
„Ein Termin vor Weihnachten ging sich leider nicht mehr aus.“
„Ein Bier geht sich noch aus.“
3. Sackerl, das – Tüte
Einkäufe werden in Österreich nicht in Kunststofftragetaschen oder Tüten gepackt, sondern in Plastiksackerl. Wer einen Hund hat, ist auch bestens mit dem „Sackerl für’s Gackerl“ vertraut, der Tüte für den Hundekot.
Beispielsatz: „Brauchen’s noch a Sackerl?“
4. Verlängerter, der – Kaffee
Wer in Österreich nur einen „Kaffee“ bestellt, stößt meist auf Unverständnis. Na, was denn jetzt? Melange, Verlängerter, kleiner Schwarzer? (Die Eigenheiten in Wiener Kaffeehäusern lassen wir mal beiseite, Einspänner- und Fiaker-Trinkende sind heute doch eher rar geworden.) Ein einfacher schwarzer Kaffee ist hierzulande ein Verlängerter; wer bei seinem Espresso ein Schlückchen Milch dazu haben will, bestellt einen kleinen Braunen; und die berühmte Melange entspricht dem Cappuccino.
Beispielsatz: „Ich bekomme einen Verlängerten und einen Apfelstrudel, bitte.“
5. Jause, die – Zwischenmahlzeit, Imbiss, kaltes Abendessen
Was in Deutschland die Stulle ist, ist in Österreich das Jausenbrot. Wer kein Schwarzbrot mag, greift gerne zur Extrawurstsemmel mit Gurkerl oder anderen Weckerln (Kleingebäck) wie Salzstangerl, Kornspitz oder Mohnflesserl. Existiert auch als Verb: jausnen.
Beispielsätze:
„Was hast du heute für eine Jause mit?“
„Am Abend haben wir nur gejausnet.“
6. Topfen, der – Quark, Unsinn
Zur Jause gibt es auch oft Topfenaufstriche, wie zum Beispiel Liptauer, ein Streichkäse mit Paprikageschmack. Topfen ist eine beliebte Zutat in allerlei Mehlspeisen wie Topfenstrudel, Topfenpalatschinke, Topfenknödel, Topfengolatschen. Im übertragenen Sinne kann ein Topfen auch ein „Schmarrn“ sein.
Beispielsätze:
„Marillenknödel habe ich lieber mit Topfenteig, als mit Erdäpfelteig.“
„Red‘ keinen Topfen!“
7. Schmarr(e)n, der – Mehlspeise, Unsinn, minderwertiges Produkt
Der bekannteste Schmarren ist wohl der Kaiserschmarren, eine Mehlspeise aus grob zerkleinerten Pfannkuchenstücken, serviert mit Apfelmus oder Zwetschkenröster. Ein Schmarrn kann aber auch eine herablassende Bezeichnung für ein Produkt, eine Aussage oder ein künstlerisches Werk sein.
Beispielsatz: „So einen Schmarrn schau‘ ich mir nicht an.“
8. Erdapfel, der – Kartoffel
In manchen Regionen ebenso bekannt als Grundbirn, Grumpern oder veraltet: Bramburi. Das älteste Erdäpfelsalatrezept der Welt stammt übrigens aus dem Jahre 1621 und ist bis heute an seinem Entstehungsort im Stift Seitenstetten im Mostviertel zu bewundern.
Beispielsatz: „Für Erdäpfelsalat verwende ich am liebsten Kipfler.“
9. Deka, das (Abkürzung: dag) – 10 Gramm
Dekagramm ist die gebräuchlichste Maßeinheit beim Einkauf von Feinkostlebensmitteln. Egal ob am Wiener Naschmarkt oder an der Supermarktwursttheke, statt 100 Gramm bestellt man hierzulande zehn „Deka“.
Beispielsatz: „Geben Sie mir noch zehn Deka von der Extrawurst bitte.“
10. Paradeiser, der – Tomaten
Auf Grund seiner betörend roten Farbe wurde die Tomate in Österreich einst „Paradiesapfel“ genannt, daraus entwickelte sich der „Paradeiser“. Bei Gemüse- und Obstbezeichnungen gibt es überhaupt die meisten regionalen Unterschiede: Fisolen (grüne Bohnen), Melanzani (Aubergine), Eierschwammerl (Pfifferling), Marille (Aprikose), Kukuruz (Mais), Karfiol (Blumenkohl) …
Beispielsatz: „Die vorgezogenen Paradeispflanzen sollte man erst nach den Eisheiligen auspflanzen.“
11. Heuer – Dieses Jahr
Von dieser praktischen Zeitangabe leitet sich auch „Heuriger“ ab – Weinhäuser, auch Buschenschänke genannt, die meist von Winzer:innen selbst geführt werden. Der dort getrunkene Jungwein wird ebenfalls als „Heuriger“ bezeichnet.
Beispielsatz: „Heuer waren wir noch gar nicht beim Heurigen.“
12. (Ur) zach – (Sehr) anstrengend, mühsam, uncool, ausdauernd
Ein beliebtes Jugendwort, dass sich aus dem Adjektiv „zäh“ entwickelt hat. Ausgesprochen als „zaach“, wird es für unterschiedlichste unliebsame Situationen verwendet. Ein „zacher Hund“ allerdings, ist jemand mit guter Kondition. Gegenteil von „leiwand“.
Beispielsatz: „Das ist die ur zache Hackn.“
13. Hack(e)n, die – Arbeit
Hackn oder Hockn bezeichnet meist eine mühsame und/oder körperbetonte Arbeit. Die danach benannte Hacklerregelung, eine in Österreich viel diskutierten Pensionsverordnungen für Schwerarbeitende, hat es sogar in den Duden geschafft. Wird auch häufig als Verb verwendet: „hackeln“.
Beispielsatz: „Hast schon eine neue Hacken gefunden?“
14. Haberer, der – Kumpel, Liebhaber
Besonders in Wien verbreitetes Wort für Freund, Kamerad oder auch nur Mann. Kommt aus dem Jiddischen „khaver“ mit denselben Bedeutungen. Als romantische Bezeichnung ist die Abkürzung „Habschi“ auch gängig.
Beispielsätze:
„Wennst wen für dein Auto brauchst, ich hab‘ da einen Haberer, der dir einen guten Preis machen kann.“
„Die Gerti bringt heute ihren neuen Haberer mit.“
15. Gspusi, das – Techtelmechtel
Ist sowohl die Person, mit der man eine Liebschaft hat, als auch die Liebschaft selbst. Aus dem Italienischen „sposa/sposo“ für Braut/Bräutigam.
Beispielsätze:
„Das Gspusi von der Gerti hat sich schon wieder erledigt.“
„Sein Gspusi war mir nicht so sympathisch.“
16. Tschecherl /Tschocherl, das – Kneipe
In Wien werden urige, kleine Lokale, die man meist nur für alkoholhaltige Getränke aufsucht, (und die bis 2019 stark verraucht waren) Tschecherl genannt. Die etwas gehobene Variante, in der man auch essen kann, heißt „Beisl“ (nicht zu verwechseln mit „Beidl“, dem männlichen Geschlechtsorgan oder einem Menschen, über den man sich ärgert!).
Beispielsatz: „Gemma auf einen Spritzer in das Tschocherl am Eck?“
17. Krüge(r)l, das – 0,5 Liter Bier, Trinkgefäß mit Henkel
Wenn man genug vom Spritzwein hat, bestellt man am besten ein Krügerl. Für den kleinen Durst gibt es als Alternative ein Seidl (0,3 l) und als letzter Absacker eignet sich ein Pfiff (0,15 l) ganz gut. Beim Würstelstand wird das Bier in einer „Hüsn“ serviert, und dann gibt es noch das viel zitierte „16er Blech“, das Dosenbier der Wiener Brauerei aus dem 16. Bezirk.
Beispielsatz: „Kann ich noch ein Krügerl haben bitte?“
18. Panier, die – Panade
Die Umhüllung des berühmten Wiener Schnitzels ist ein vielseitiges Wort, denn nicht nur Fleisch kann man damit einpacken, sondern auch Menschen: die „Einserpanier“ ist ein Synonym für Sonntagsgewand. Aber Vorsicht, „paniert sein“ heißt wiederum einen über den Durst getrunken zu haben, und wenn das gegnerische Fußballteam „paniert“ wurde, dann hat es haushoch verloren.
Beispielsatz: „Wegen der Panier werden Schnitzel auch scherzhaft als Bröselteppich bezeichnet.“
19. Bussi, das – Küsschen
Meistens ist damit der Begrüßungswangenkuss gemeint, was auch zur Erfindung des Euphemismus „Bussi-Bussi-Gesellschaft“ für die Schickeria führte. Ein platonischer Kuss zwischen Freunden oder in der Familie ist auch ein Bussi und das zugehörige Verb ist „abbusseln“.
Beispielsatz: „Gibst der Oma noch ein Bussi?“
20. Servus / Baba / Wiederschaun / Pfiat di – Abschiedsformeln
Servus kann man auch zum Verabschieden verwenden, oft wird noch ein Bussi Baba angehängt; die förmlichere Variante ist „Wiederschaun” und „Pfiat di” ist der Gegenpart zu Griaß di. Wer es nostalgisch mag, kann noch eins draufsetzten mit „Küss die Hand, habe d‘Ehre“.
Besonders österreichisch ist die Aneinanderreihung mehrerer Grußformeln – in diesem Sinne: Tschau-Baba, Bussi, bis bald!
[1] Weißwein-Schorle
[2] Geldautomat