Hebräisch – die jahrtausendealte, wiederbelebte Sprache

Warum ist diese jahrtausende alte Sprache eigentlich so besonders?

Hebräisch – der Name ist bekannt, aber die Berührungspunkte mit dieser Sprache fehlen irgendwie. Schade, denn die Sprache, die eng mit dem jüdischen Volk verbunden ist, hat viele faszinierende Eigenschaften. Eine davon ist, dass sie erfolgreich ins alltägliche Leben zurückgeholt wurde …

Was ist Hebräisch?

Althebräisch – eine jahrtausendealte Sprache

Hebräisch ist eine nordwestsemitische Sprache und damit verwandt mit dem Arabischen. Der Begriff bezeichnet mehrere Sprachstufen. Die erste Stufe und Basis der späteren Entwicklungsformen ist Althebräisch. Es ist die Sprache des Tanachs (der heiligen Schrift der Juden, im christlichen Sprachgebrauch Altes Testament genannt), dessen Quellschriften im Laufe des 1. Jahrtausends vor Christus entstanden und schließlich um die Zeitenwende kodifiziert wurden. Zu den ältesten erhaltenen Abschriften biblischer Texte zählen die Schriftrollen vom Toten Meer. Sie stammen aus der Zeit zwischen dem 3. Jahrhundert vor Christus und dem späten 1. Jahrhundert nach Christus. Althebräisch wird daher auch biblisches Hebräisch genannt. Der älteste bekannte althebräische Text ist allerdings der Gezer-Kalender von 925 vor Christus.

Mittelhebräisch – die Lingua franca gelehrter Juden

Mit der Zerstreuung der Juden hörte Hebräisch etwa ab dem Jahr 200 nach Christus auf, Alltagssprache zu sein. Es wurde als Mittelhebräisch weiterhin vor allem zu liturgischen Zwecken benutzt, teilweise fand es Verwendung zur Abfassung von philosophischen, medizinischen, juristischen und poetischen Texten und als Lingua franca unter Juden.

Neuhebräisch (Ivrit) – eine erfolgreich wiederbelebte Sprache und ihr „Vater“ Elieser Ben-Jehuda

Im späten 19. Jahrhundert gab es fast zwei Jahrtausende keine Menschen mit Hebräisch als Muttersprache. Sie war die Zweit- oder Drittsprache von gebildeten jüdischen Männern zu Studienzwecken. Das sollte sich mit dem „Vater“ des modernen Hebräisch, Eliezer Ben-Jehuda, ändern. Ben-Jehuda wurde 1858 in Luschki im Russischen Kaiserreich geboren. Im Laufe seiner Lebenszeit fiel bei ihm die Idee des Zionismus auf fruchtbaren Boden; die Idee eines jüdischen Nationalstaates mit einer eigenen Sprache; die Idee, Hebräisch nicht mehr auf religiöse Zwecke zu beschränken, sondern es zu einer Alltagssprache und Muttersprache zu wandeln. Ben-Jehuda war dieser Idee so verschrieben, dass er seine erste Frau Debora nur unter der Bedingung heiratete, die zukünftigen Kinder ausschließlich auf Hebräisch zu erziehen. 1882 wurde ihr erster Sohn Ben-Zion in Jerusalem geboren. Er war wahrscheinlich das erste Kind seit fast 2000 Jahren, dessen einzige Muttersprache Hebräisch war.

Da die Sprache lange Zeit sozusagen auf Eis lag, war sie für die alltägliche Kommunikation der neuen Zeit nicht ausreichend. Ben-Jehuda begann seine Forschung an der hebräischen Sprache und kreierte neue Wörter, um eine zeitgemäße alltägliche Kommunikation zu ermöglichen. 1910 erschienen die ersten sechs Bände seines Wörterbuches in der Langenscheidtschen Verlagsbuchhandlung in Berlin. 1922, nur einen Monat vor seinem Tod, gelang es Ben-Jehuda schließlich, den Hochkommissar des britischen Mandats für Palästina davon zu überzeugen, Hebräisch neben Arabisch und Englisch zur offiziellen Amtssprache zu erheben.

Das von Ben-Jehuda geschaffene Neuhebräisch (Ivrit) ist biblischem Hebräisch im Schriftbild und der Morphologie sehr ähnlich, in der Syntax und dem Vokabular gibt es teilweise gravierende Abweichungen. Trotzdem kann man es als die einzige Sprache betrachten, die erfolgreich im großen Umfang von einer Sakralsprache zu einer modernen Standardsprache wiederbelebt wurde.

Wie viele Menschen sprechen Hebräisch? Es sind nicht so viele, wie du vielleicht denkst …

Etwa 5 Millionen Menschen sprechen Hebräisch. Wie kommt das, wo Israel doch mehr als 8 Millionen Einwohner hat? Der erste Faktor ist natürlich, dass etwa 20 Prozent der israelischen Bevölkerung arabisch ist und damit häufig auch Arabisch spricht. Die arabische Sprache ist in Israel als Minderheitensprache anerkannt. Auch unter den jüdischen Einwohnern Israels gibt es einen beachtlichen Anteil aus der ehemaligen Sowjetunion, von denen manche ältere Menschen die hebräische Sprache nie gelernt haben. Außerdem lehnen viele ultraorthodoxe Juden Hebräisch als Alltagssprache ab. Sie glauben, dass es weiterhin Gebeten und dem Studium heiliger Texte vorbehalten ist. Neben diesen großen Minderheiten gibt es zahlreiche andere, kleinere Bevölkerungsgruppen, die kein Hebräisch sprechen.

Das hebräische Alphabet – von rechts nach links und ohne Vokale

Das hebräische Alphabet hat 22 Buchstaben. Für Menschen, die nur mit dem lateinischen Alphabet vertraut sind, ist das hebräische in vielerlei Hinsicht vollkommen anders: Die hebräische Schrift wird von rechts nach links geschrieben und gelesen. Es gibt keine Unterscheidung von Groß- und Kleinschreibung. Alle Buchstaben sind ursprünglich reine Konsonanten, allerdings werden vier davon neben ihrer konsonantischen Bedeutung zusätzlich dazu benutzt, um Vokale darzustellen. Zur Vereinfachung und zur Eindeutigkeit werden Texte manchmal vokalisiert. Dabei werden aus Punkten und kleinen Strichen bestehende Vokalzeichen unter die Konsonanten gesetzt, nach denen sie ausgesprochen werden. Vokalisiert werden zum Beispiel Wörterbücher, Gedichte und Kinderbücher.

Bei der Schreibung des Jiddischen ist die hebräische Schrift keine Konsonantenschrift mehr, in diesem Fall werden alle Vokale als Buchstaben geschrieben.

Sprichst auch du schon Hebräisch, ohne es zu wissen?

Obwohl vielen deutschen Muttersprachlerinnen und Muttersprachlern Hebräisch sehr fremd erscheint, ist die Sprache durch das Alte Testament fest mit unserem Alltag verknüpft. Benjamin, Daniel, David, Hanna, Jakob, Jonathan, Judith, Maria, Michael, Sarah, Susanne – diese und viele andere Vornamen hebräischen Ursprungs sind gar nicht mehr aus Deutschland wegzudenken. Außerdem sind einige hebräische Wörter über das Jiddische in die deutsche Sprache gelangt. Wenn jemand Tacheles reden will, kommt das von hebräisch tachlit („Zweck, Sinnvolles“), meschugge kommt von meshugá („verrückt“), dufte wahrscheinlich von tov („gut“). Die Liste geht noch lange weiter und du kannst sie dir hier anschauen – und schon scheint Hebräisch gar nicht mehr so fremd.

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