Friesisch – Die Sprache, die dem Englischen näher ist, als du denkst

Hast du dich schon einmal gefragt, welche Sprache dem Englischen am nächsten steht? Lies weiter, um mehr über unsere sprachlichen Geschwister, das Friesische, zu erfahren.
Fahrräder an der Nordsee

Bevor wir uns dem Friesischen widmen, sollten wir erwähnen, dass der Titel etwas irreführend ist: Es gibt nicht nur eine friesischen Sprache, sondern drei. Meistens wird der Name Friesisch synonym mit dem am weitesten verbreiteten der heutigen friesischen Dialekte, dem Westfriesischen, verwendet. Aber was ist Friesisch eigentlich?

Friesisch war einst die Hauptsprache eines größeren geografischen Gebiets namens Friesland, das sich während des frühen und späten Mittelalters über die Nordseeküsten und Inseln des heutigen Deutschlands und der Niederlande erstreckte. Auch wenn Friesland heute nicht mehr existiert, haben drei seiner beliebtesten Dialekte überlebt. Doch bevor wir uns näher mit der Geschichte dieser faszinierenden Sprache beschäftigen, die der englischen am nächsten steht, …

Eine kurze Geschichte der friesischen Sprache

Der Weg in die Moderne war für das Friesische alles andere als einfach, da viele Dialekte im 20. Jahrhundert mit ihren letzten Sprecher:innen ausstarben. Der Name stammt wahrscheinlich von dem germanischen Stamm der Fries:innen ab, der in dem Gebiet lebte, das einst Friesland war, ein unabhängiges Territorium mit eigener Sprache und eigenen Königen. Aufgrund schwerer Überschwemmungen kam es bei den Friesen zu einem dramatischen Bevölkerungsrückgang. Diejenigen, die blieben, fanden neue Nachbar:innen in den anglo-sächsischen Siedler:innen, die sich mit ihnen vermischten und so zu den Vorfahren der heutigen Fries:innen wurden.

Nach diversen Streitereien um Land, einem Intermezzo des Heiligen Römischen Reiches und einer verlorenen Schlacht gegen die Grafen von Holland zerfiel das einst vereinte Friesland und wurde aufgeteilt zwischen den späteren Ländern Deutschland und den Niederlanden. Mit dieser Niederlage gingen auch bedeutende sprachliche Veränderungen einher. Schriftliche Aufzeichnungen des Altfriesischen reichen bis vor das 9. Jahrhundert zurück, doch das Friesische wurde schließlich zu einer rein mündlichen Sprache und wurde allmählich von den dominanteren Sprachen Niederländisch, Deutsch und Niederdeutsch untergraben.

Von der ursprünglichen Sprache haben es nur das Westfriesische, das Nordfriesische und das Saterfriesische (der letzte verbliebene Dialekt des Ostfriesischen) geschafft, der Zeit zu trotzen. Der Kampf ums Überleben ist jedoch noch nicht vorbei, da alle drei aufgrund ihres kritisch gefährdeten Status als offiziell geschützte Minderheitensprachen gelten. Es gibt jedoch noch Hoffnung: In den lokalen Gemeinschaften gibt es aktive Bemühungen, die Sprache wiederzubeleben und zu erhalten. Außerhalb von Deutschland und den Niederlanden, haben sich die Friesen auch in Länder wie Kanada, die USA, Australien und Neuseeland ausgebreitet.

Die friesischen Sprache

Wie ist die Sprache an sich? Nun, es stellt sich heraus, dass Alt-Friesisch und Altenglisch viel gemeinsam hatten und diese Beziehung bis heute besteht: Friesisch ist der lebende Verwandte des Englischen mit einer lexikalischen Ähnlichkeit von 80 %. Zusammen bilden sie den anglo-friesischen Zweig des westgermanischen Sprachstammbaums, zu dem auch Deutsch und Niederländisch gehören. Es gibt sogar ein Sprichwort, das ihre Ähnlichkeit unterstreicht: Butter, bread and green cheese is good English and good Frisian („Butter, Brot und grüner Käse ist gutes Englisch und gutes Friesisch“), das im Westfriesischen mehr oder weniger genauso ausgesprochen wird: Bûter, brea en griene tsiis is goed Ingelsk en goed Frysk.


Vergiss nicht, dass das moderne Friesisch eigentlich aus drei ähnlichen Sprachen besteht. Hier sind einige nützliche Ausdrücke in jeder Sprache, die zeigen, wie sehr sie sich ähneln:

Deutsch Frysk (Westfriesisch) Nordfrasch (Nordfriesisch) Seeltersk (Saterlandfriesisch)
Willkommen Wolkom Wäljkiimen Wäilkuumen
Guten Morgen Goeie moarn Moin Moarn
Ich verstehe nicht. Ik begryp net. Ik begrip dåt ai. Iek begriep dät nit.

Ziemlich nah dran, oder? Schauen wir uns die noch existierenden friesischen Sprachen genauer an.

1. Frysk (Westfriesisch)

Westfriesisch ist neben Niederländisch die Amtssprache in der nördlichen Provinz Friesland in den Niederlanden. Es gibt über 450.000 Frysk Sprechende, die sich in der Regel eher als ethnisch niederländisch identifizieren. Sie haben auch ihre eigenen regionalen Dialekte. Die beiden Hauptdialekte, Kleifriesisch (Klaaifrysk) und Waldfriesisch (Wâldfrysk), sind nach der friesischen Landschaft benannt (fast wie in Game of Thrones).

Trotz der vergleichsweise hohen Zahl an Muttersprachler:innen ist das Westfriesische heute eine stark gefährdete Minderheitensprache. Das liegt daran, dass es im Laufe der Geschichte immer mehr zu einer vorwiegend gesprochenen Sprache wurde und die Schreib- und Lesekompetenz heutzutage auf einem sehr niedrigen Niveau ist.

Die Bemühungen zur Erhaltung der Sprache begannen im 17. und 18. Jahrhundert mit Dichter:innen und Wissenschaftler:innen, die die Wiederbelebung des geschriebenen Friesischen vorantrieben. Historisch gesehen war Westfriesisch die Sprache der ländlichen Unterschicht und hatte daher nicht den stabilen Prestigecharakter des Niederländischen. Die Organisation Ried fan de Fryske Beweging und die Bildungskommission Afûk sind zwei der aktivsten Akteure, die sich für die Förderung des Westfriesischen einsetzen. Es gibt sogar eine Friesische Akademie für Sprachforschung und die Erstellung eines standardisierten Wörterbuchs.

2. Nordfrasch (Nordfriesisch)

Nordfriesisch wird (Überraschung!) in Nordfriesland gesprochen, das sich heute im Nordwesten von Schleswig-Holstein, Deutschland, befindet. In Schleswig-Holstein werden viele verschiedene Sprachen gesprochen, darunter auch lokale Enklaven des Deutschen, Englischen, Dänischen, Plattdeutschen und Nordfriesischen. Tatsächlich ist Nordfrasch eine Mischung aus neun verschiedenen Dialekten, die heute von weniger als 10.000 Menschen gesprochen werden. Keine Lingua Franca konnte sich aus diesen Dialekten entwickeln, da die beiden Hauptfraktionen auf dem Festland und der Insel nie eine gemeinsame kulturelle oder sprachliche Verbindung herstellen konnten.

Außerdem hat sich das Standarddeutsche allmählich in das Nordfriesische eingemischt oder es an manchen Orten sogar vollständig ersetzt. Heute hat das Nordfriesische nur noch eine geringe öffentliche Präsenz, und die meisten Bemühungen um seine Erhaltung beschränken sich auf den Unterricht in den Grundschulen der Region.

3. Seeltersk (Saterlandfriesisch)

Und damit kommen wir zum letzten friesischen Dialekt: dem Saterfriesischen. Die 2.000 Saterfriesisch-Sprechenden leben in der Region westlich von Oldenburg in Niedersachsen. Ähnlich wie im Nordfriesischen haben Deutsch und Niederländisch auch im Ostfriesischen alle anderen modernen Formen des Altostfriesischen verdrängt. Seeltersk ist der letzte lebende Dialekt und bleibt weiterhin vom Aussterben bedroht, da er in kleineren ländlichen Gemeinden konzentriert ist und keinen akademischen Einfluss hat.

Der Saterlandic alliance, Seelter Buund, und ein bekanntes Mitglied der Gemeinschaft, das Kinderbücher ins Saterfriesische übersetzt, dienen als Schutz dieser fragilen Sprache. Es gibt auch eine spielerische Sprachlern-App für Kinder namens Kleine Saterfriesen (Kleine Saterfriesen).

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