Was ist Grammatik und wie kann man sie überprüfen?

Grammatik besteht aus mehr als trockenen Rechtschreibregeln
Person schreibt über die Frage, was Grammatik ist

 

Hand aufs Herz – wann hast du das letzte Mal über Grammatik nachgedacht, ohne dass ein Schulbuch oder eine Lehrkraft im Spiel war? Vielleicht bei der alles entscheidenden Frage im Alltag: Heißt es der oder die Nutella? So banal es klingen mag, genau hier zeigt sich schon die alltägliche Relevanz der Grammatik. Sie ist so viel mehr als das trockene Pauken von Rechtschreibung und Zeichensetzung. Sie gibt uns Regeln an die Hand, mit denen wir uns präzise ausdrücken und mit anderen kommunizieren können. Laut Definition ist die Grammatik (auch Sprachlehre genannt) das Regelsystem einer Sprache, das die Struktur von Wörtern und ihre Verwendung definiert. Der Begriff geht auf das griechische Wort grammatik [téchnē] (γραμματική τέχνη) („Kunst des Lesens und Schreibens“) zurück. Dieses hat seinen Ursprung wiederum im altgriechischen Wort grámma (γράμμα), welches „Buchstabe“ bzw. „Geschriebenes/Aufgezeichnetes“ bedeutet. 

 

Die Grammatik verändert sich je nach der Sprache, die man spricht. Im Spanischen steht zum Beispiel das Adjektiv nach dem Substantiv, aber im Deutschen ist es genau umgekehrt. Beide ergeben jedoch die gleiche Bedeutung. Es ist gut, sich daran zu erinnern, dass die Regeln in deiner Lernsprache ganz anders sein können, als du es vielleicht gewohnt bist. Im Folgenden werden wir uns erst einmal nur auf die deutsche Grammatik konzentrieren. Also – schauen wir uns genauer an, was der Begriff Grammatik umfasst und wie du deine Grammatikkenntnisse effektiv überprüfen kannst!

 

Welche Bereiche gehören zur deutschen Grammatik und wie überprüft man sie?

Phonologie (Lautlehre)

Die Phonologie ist der Bereich der Grammatik, der sich mit dem Lautsystem einer Sprache befasst. Sie untersucht, welche Laute in einer Sprache vorkommen, wie diese Laute organisiert sind und nach welchen Regeln sie sich verändern können. Dazu gehört zum Beispiel die Analyse von Phonemen, den kleinsten lautlichen Einheiten, die eine Bedeutungsunterscheidung bewirken. 

Morphologie (Wortbildung/Lehre der Form)

Die Morphologie beschäftigt sich mit der Struktur von Wörtern. Linguist:innen gehen davon aus, dass Wörter aus Morphemen bestehen. Ein Morphem stellt die kleinste bedeutungstragende Einheit dar. Es ist unter anderem daran zu erkennen, dass es nicht weiter zerlegt werden kann. Zudem trägt es eine grammatische Funktion, die entweder inhaltlicher Natur sein kann oder eine formale Rolle spielt, wie zum Beispiel die Markierung eines Infinitivs. Die Grenzen zwischen den Morphemen eines Wortes werden üblicherweise durch Bindestriche hervorgehoben, wie bei „Hund-e“, wobei „Hund“ das Grundmorphem und „-e“ die Flexionsendung ist.

Zu den Morpheme zählen:

  • Grundmorpheme (Stamm): Ein-sicht
  • Präfixe (Vorsilbe): un-zufrieden
  • Suffixe (Nachsilbe): Zufrieden-heit
  • Zirkumfixe (Präfix + Suffix): ge-lieb-t
  • Flexionen (Veränderung des Wortes bezogen auf Person, Numerus, Tempus, Kasus oder Genus): ihr sprech-t

Die Morphologie eines Wortes überprüfst du am besten durch eine Wortzerlegung. Zerlege beispielsweise das Wort „Unzufriedenheit“. Identifiziere die Wurzel, Präfixe, Suffixe und Endungen: „Un-“ (Präfix), „zufrieden“ (Stamm) und „-heit“ (Suffix).

Syntax (Satzlehre)

Syntax ist ein wesentlicher Teil der Grammatik und bezieht sich auf die Anordnung von Wörtern und Phrasen, um sinnvolle und zusammenhängende Sätze zu bilden. Die Syntax umfasst verschiedene Satzarten wie Hauptsätze und Nebensätze sowie die einzelnen Satzglieder – Subjekt, Prädikat und Objekt. Im Deutschen folgt die Satzstruktur meistens der Reihenfolge Subjekt-Verb-Objekt (SVO). Beispiel:

  • „Ich [Subjekt] liebe [Prädikat] Hunde [Objekt].“ 

Die Betonung in einem Satz kann verändert werden, indem man die Reihenfolge der Satzglieder anpasst, wie im Satz „Hunde liebe ich“. Hier wird das Objekt „Hunde“ an den Satzanfang gestellt, wodurch es deutlich stärker betont wird. 

Um die Syntax eines Satzes zu überprüfen, kannst du folgende Schritte anwenden:

1. Analysiere die Satzstruktur: 

Beginne damit, die Struktur des Satzes zu identifizieren. Überprüfe, ob ein klares Subjekt, Prädikat und gegebenenfalls ein Objekt vorhanden ist und ob die Reihenfolge der Satzelemente der typischen Wortstellung im Deutschen entspricht.

2. Stelle Fragen, um die Satzglieder zu identifizieren:

  • Subjekt: Wer oder was vollzieht die Handlung oder befindet sich in dem Zustand, der im Satz beschrieben wird?
  • Prädikat: Was tut das Subjekt?
  • Dativobjekt: Wem oder was gilt die Handlung?
  • Akkusativobjekt: Wen oder was betrifft die Handlung direkt.

3. Hinterfrage adverbiale Bestimmungen:

  • Lokalbestimmung: Wo findet die Handlung statt? 
  • Temporalbestimmung: Wann findet die Handlung statt? 
  • Modalbestimmung: Wie wird die Handlung ausgeführt? 
  • Kausalbestimmung: Warum wird die Handlung ausgeführt? 

 4. Prüfe die reflexive Verwendung:

  • Reflexivpronomen: Wird das Subjekt auch als Objekt verwendet? 

5. Prüfe die Kongruenz: 

Achte darauf, dass das Verb in Person und Zahl mit dem Subjekt übereinstimmt. Zum Beispiel muss „er“ (3.Person Singular) mit dem Verb „gehen“ als „er geht“ konjugiert werden.

6. Unterscheide abhängige und unabhängige Satzteile: 

Achte auf Nebensätze und wie sie mit dem Hauptsatz verbunden sind. Prüfe, ob Konjunktionen korrekt verwendet werden und ob die Satzzeichen die Struktur des Satzes unterstützen.

  • Gibt es Nebensätze? Wenn ja, welche Funktion erfüllen sie? (Relativsatz, Konjunktionalsatz, Infinitivsatz)
  • Wie sind sie mit dem Hauptsatz verbunden?

7. Stelle die Satzart fest:

  • Handelt es sich um einen Aussagesatz, eine Frage, einen Befehl oder einen Ausruf?

7. Überprüfe komplexe Satzstrukturen: 

Achte bei komplexen oder verschachtelten Sätzen darauf, dass alle Teilsätze korrekt eingeleitet und die Satzteile logisch und verständlich miteinander verbunden sind.

8. Stelle parallele Strukturen sicher: 

Bei Aufzählungen oder Vergleichen sollten parallele Strukturen verwendet werden, um Klarheit zu schaffen: „Er mag schwimmen, laufen und Fahrrad zu fahren“ sollte zu „Er mag schwimmen, laufen und Fahrradfahren” korrigiert werden, um die Parallelität zu wahren.

Semantik und Pragmatik

Die Semantik befasst sich mit der Bedeutung der Sprache und damit, wie wir Zeichen und Symbole interpretieren und sie zu verständlichen Ideen entwickeln. Darüber hinaus untersucht sie, wie Wörter, Phrasen und Sätze Bedeutung vermitteln und wie sich diese abhängig vom Kontext ändern kann.

Das Feld der Pragmatik beschäftigt sich damit, wie der Kontext das Verständnis und die Bedeutung von Sprache verändern kann. Es umfasst unter anderem die Rhetorik, Implikationen und sozio-kulturelle Einflüsse.

Stell dir vor, jemand sagt in einer Unterhaltung: „Hier ist es aber kalt“. Auf den ersten Blick könnte es einfach eine Feststellung über die Temperatur sein. Doch die Pragmatik bezieht sich darauf, dass der gleiche Satz in unterschiedlichen Kontexten ganz verschiedene Bedeutungen annehmen kann:

  1. Rhetorik: Die Ausdrucksweise, wie der Satz geäußert wird – die Intonation, die Lautstärke, die Betonung – kann eine rhetorische Funktion haben. Wenn du diesen Satz leise und zitternd sagst, könnte dies als rhetorisches Mittel dienen, um Empathie oder sogar eine Handlung von der oder dem Angesprochenen zu provozieren, ohne direkt um etwas zu bitten.
  2. Implikationen: Was du implizierst, kann weit über die buchstäbliche Bedeutung hinausgehen. Äußerst du diesen Satz, während du dir demonstrativ die Arme reibst, könnte die Botschaft sein: „Mach bitte die Heizung an“ oder „Könnten wir irgendwo hingehen, wo es wärmer ist?“.
  3. Sozio-kulturelle Einflüsse: Die Bedeutung eines Satzes kann auch durch den sozialen oder kulturellen Hintergrund der sprechenden und hörenden Person beeinflusst werden. In manchen Kulturen könnte die Bemerkung auch als indirekter Hinweis verstanden werden, dass es Zeit ist, sich zu verabschieden oder dass du dich nicht wohl fühlst und vielleicht Unterstützung benötigst, ohne dass dies direkt ausgesprochen wird.

In jedem dieser Fälle verändert der Kontext das Verständnis der ursprünglichen Aussage. Die Pragmatik hilft dir zu verstehen, wie solche Äußerungen je nach Situation, der Beziehung zwischen den Kommunizierenden und ihren kulturellen Hintergründen interpretiert werden können.

Präskriptive vs. deskriptive Grammatik

Die präskriptive Grammatik beschäftigt sich mit den traditionellen Grammatikregeln, die in Schulen gelehrt werden und den „korrekten“ Sprachgebrauch vorschreiben. Für viele ist dies die erste Art von Grammatik, mit der sie in Kontakt kommen, und sie erklärt, warum Menschen dazu neigen, starr auf Regeln wie „Beginne keinen Satz mit und“ oder „verwende nicht den Dativ anstelle des Genitivs“ zu bestehen. Die deskriptive Grammatik nimmt einen anderen Ansatz und beschreibt, wie Grammatik im alltäglichen Leben verwendet wird – ein Ansatz, den viele Linguist:innen bevorzugen.

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