Wenn du eine andere Sprache lernst, wirst du wahrscheinlich ziemlich schnell merken, dass Zeichensetzung nicht allgemein für alle Sprachen gültig ist. Oft gelten in anderen Sprachen für Anführungszeichen, Apostrophe und Kommata auch andere Regeln. So benutzt man im Französischen nicht „diese“ sondern « diese » Anführungszeichen. Eine weitere Besonderheit, wenn es um französische Satzzeichen geht, sind die Leerzeichen, die oft davor eingefügt werden. Es ist ganz normal, dass dir das als lernende Person erst einmal etwas komisch vorkommt …
Das Französische Leerzeichen
Vor vielen Satzzeichen steht im Französischen – anders als in den meisten anderen Sprachen mit Lateinischem Alphabet – ein Leerzeichen. Man nennt es deshalb auch French spacing, zu Deutsch: „Französisches Leerzeichen“. Im Französischen kennt man es unter dem Namen espace insécable (wörtl. „nicht-trennbares Leerzeichen“ = geschütztes Leerzeichen). Es steht vor zweiteiligen Satzzeichen und allen typographischen Zeichen mit zwei Komponenten (Fragezeichen bestehen beispielsweise aus einem oberen und einem unteren Teil, Punkt oder ein Komma hingegen nur aus einem Element).
Das zusätzliche Leerzeichen steht vor:
- Fragezeichen
- Ausrufezeichen
- Doppelpunkt
- Semikolon
- Anführungszeichen
- Prozentzeichen
- Währungssymbolen
Ein wichtiger Hinweis: Dies gilt nicht für alle Varietäten des Französischen, sondern hauptsächlich für das Französisch in Europa. Im Kanadischen Französisch setzt man mit Ausnahme des Doppelpunkts kein Leerzeichen vor das Satzzeichen. Verwirrend, oder?
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Französische Satzzeichen: Woher kommt diese Besonderheit?
Da man in vielen alten Büchern Leerzeichen vor Satzzeichen findet, ist die gängigste Theorie zum Ursprung des geschützten Leerzeichens im Französischen, dass es ein Überbleibsel alter Druckkonventionen ist. Wahrscheinlich fing das Ganze mit dem Fragezeichen an, weil dieses viel mehr Platz benötigt als andere Satzzeichen. Aus Gründen der Lesbarkeit wurde der Einsatz des Leerzeichens dann wahrscheinlich bald ausgeweitet.
Das Aufkommen der Schreibmaschine im späten 19. Jahrhundert verfestigte diese Konvention, da manche Zeichen aus mehreren Einzelelementen zusammengefügt wurden (daher auch die Regel mit den zweiteiligen Satzzeichen). Schreibmaschinen wurden so konstruiert, dass durch Drücken der Leertaste die beiden Einzelsymbole getippt werden konnten, ohne dass der Wagenrücklauf weiterlief. So stand nach dem Tippen des zweiteiligen Satzzeichens jeweils davor und danach ein Leerzeichen.
Eine davon abweichende Konvention, die sich zur selben Zeit entwickelte, ist das English spacing, bei dem Leerräume um das Satzzeichen herum vermieden werden. Der Abstand nach Doppelpunkt, Semikolon und ganzen Sätzen ist hierbei vergrößert, während hier im Französischen nur ein einfaches Leerzeichen steht. In Englischbüchern wurde diese Konvention lange beibehalten und gelehrt, aber heutzutage hat sich auch im Englischen das einfache Leerzeichen nach dem Punkt durchgesetzt. Wie auch Sprache an sich entwickeln sich typografische Konventionen eben ständig weiter!