Eine kleine Einführung in die japanische Sprache

Faszination vs. Mysterium: Viele glauben, Japanisch sei besonders schwierig zu lernen. Doch stimmt das überhaupt?
Japanische Sprache und Schrift auf Wolkenkratzern

In der Landessprache heißt Japan 日本 (Nihon), darum wird es auch manchmal als Nippon bezeichnet. Der offizielle Landesname im Deutschen ist aber Japan. Wörtlich übersetzt bedeutet Nippon bzw. Japan übrigens „Land der aufgehenden Sonne“. Ein roter Kreis auf weißem Hintergrund: Jenseits der japanischen Sprache finden sich diese Symbole auch in der Flagge des Landes wieder. Japan (bzw. 日本) umweht etwas Geheimnisvolles; und zu den schönsten Mysterien gehört wohl die japanische Sprache selbst.

Aber woher stammt der Begriff „Japan” eigentlich? Als die portugiesischen Eroberer über das Meer kamen und den Fernen Osten erreichten, hörten sie den Namen der japanischen Inseln zum ersten Mal aus dem Munde der Mandarin-Sprechenden. Diese sprachen ihn als Jipangu aus – und daraus entstand das Wort „Japan“.

2018 lernten über 15.000 Menschen in Deutschland Japanisch. Damit liegt die Sprache weit abgeschlagen hinter Spanisch oder Französisch. Aber Jahr für Jahr strahlt die Muttersprache des berühmten japanischen Autors Murakami weit über das Japanische Meer und den Mount Fuji hinaus. Und du hast jetzt auch die Möglichkeit, in die Sprache und Kultur Japans einzutauchen. Lass uns starten!

Die Geschichte der japanischen Sprache: von der Yamato-Dynastie bis zum Zeitalter von „Cool Japan“

Um das Jahr 250 herum wurde die erste Dynastie gegründet, und zwar in der Provinz Yamato, die heute zur Präfektur Nara gehört. Diese Landschaft ist heutzutage von modernen Gebäuden und alten Tempeln geprägt. Und hier begann sich die japanische Sprache über Jahrhunderte zu entwickeln. Es gibt nur wenige schriftliche Zeugnisse vor dieser Ära, denn über viele Jahrhunderte hatte das Japanische eine rein mündliche Tradition.

Entwicklung & Standardisierung der Schrift

Das änderte sich, als buddhistische Mönche aus China ihr Schriftsystem auf die japanischen Inseln brachten. Im 8. Jahrhundert, in der Nara-Periode, fingen die Menschen in Japan an, chinesische Bildzeichen – die so genannten Ideogramme – zu verwenden. Später entwickelten sich andere Schriftsysteme, die schließlich zu dem für Japan typischen zusammengesetzten System führten, das bis heute genutzt wird.

Aber erst in der Edo-Periode zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert wurde das Japanische erst wirklich zu einer offiziellen Sprache. Jede neue Periode brachte ganz eigene kulturelle und linguistische Veränderungen mit sich. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Meiji-Periode, die als Ära des Fortschritts und der Modernisierung gilt, wurde die Sprache auf die Version standardisiert, die in Tokio gesprochen wurde. 1903 brachte die japanische Regierung ein offizielles japanisches Lehrbuch für Schulen heraus.

Es gibt durchaus auch Parallelen zu der Standardisierung, die das Italienische mit dem Florentiner Dialekt erfuhr, oder das Französische nach der Französischen Revolution.

„Cool Japan“: Tokio und die Kawaii-Periode

Die Faszination für die japanische Sprache ist untrennbar mit der Kultur des Landes verknüpft. J-Pop, Manga, Anime, Videospiele, Sushi und Sake: „Cool Japan“, die sanfte Macht des Japanischen, begegnet uns in vielerlei Formen.

Von Pikachu bis Hello Kitty und von Bento bis Kimono, kawaii (かわいい) – was so viel bedeutet wie „niedlich“ – ist ein Fashion-Konzept, das in die ganze Welt exportiert wurde, natürlich auch nach Nordamerika und Europa.

Die Phrase „Cool Japan” wird von der japanischen Regierung sogar selbst beworben und prägt das moderne Image des Landes. Es ist bzw. war auch ein wichtiger Weg für Japan, sich von den Ressentiments zu distanzieren, die während und nach dem Zweiten Weltkrieg dem Land gegenüber entstanden sind.

Japan & Englisch

Trotz Japans historischer Isolationshaltung haben die Inseln lange Zeit Beziehungen zum Westen unterhalten. Im 17. Jahrhundert etablierten die ersten Englisch sprechenden Menschen intensivere Kontakte zu Japan. Aber erst 1841 wurde erstmals ein englisches Grammatikbuch ins Japanische übersetzt. Heute sprechen rund 19 Millionen Menschen in Japan zumindest ein bisschen Englisch. Und es sind enorm viele Japanerinnen und Japaner in die USA immigriert: Allein zwischen 1901 und 1908 waren es 127.000.

Wo wird die japanische Sprache heute gesprochen?

Heute gibt es knapp 130 Millionen Japanisch-Sprechende auf der Welt. Natürlich vor allem in Japan, aber seit vielen Jahrhunderten wird Japanisch auch in Kalifornien und Hawaii gesprochen. Allerdings verschwindet es dort langsam. Und eine kleine Insel, knapp 5.000 Kilometer südlich von Honshu, die einst von Japan besetzt war, erkennt Japanisch immer noch als eine der Amtssprachen an. Es ist die Insel Angaur, einer der 16 Staaten von Palau. Hier, mitten im Pazifik, auf einer Insel mit rund 100 Einwohnenden und einer Fläche, die dreimal so groß ist wie der Flughafen von Los Angeles, ist Japanisch alles andere als ausgestorben.

Hiragana, Katakana und Kanji: die drei Schriftsysteme der japanischen Sprache

In der japanischen Schrift gibt es drei Arten von Zeichen:

  • Hiragana
  • Katakana
  • Kanji

Hiragana und Katakana (insgesamt 100 Zeichen) lassen sich fast so schnell lernen wie das kyrillische Alphabet. Ähnlich wie lateinische Buchstaben sind die Hiragana phonetische Symbole, mit denen die Wörter im Japanischen gebildet werden.

Katakana-Zeichen dagegen sind Wörtern vorbehalten, deren Ursprung in anderen Sprachen (außer Chinesisch) liegt.

Und die Kanji-Zeichen stammen von den chinesischen Schriftzeichen ab. Jedes Zeichen hat einen ganz eigenen Klang und eine eigene Bedeutung. Im Japanischen gibt es etwa 50.000 Kanji, im Alltag reichen aber 2.000 davon. Es gibt eine offizielle Liste für dieses „Alltags-Kanji“, das so genannte Jōyō Kanji.

Diese drei Schriftsysteme existieren nebeneinander und werden auch zusammen verwendet. Es ist nicht selten, dass alle drei in einem einzigen Satz kombiniert werden.

Stammen Japanisch und Chinesisch also von derselben Sprachfamilie ab? Nein! Kanji hat einen rein historischen Hintergrund und keinen gemeinsamen Ursprung mit dem Chinesischen. Mandarin ist eine sinotibetische Sprache, die mit anderen chinesischen Sprachen verwandt ist. Japanisch dagegen ist eine isolierte Sprache.

Mit anderen Worten: Es ist eine ganz eigene Sprachfamilie. Die Theorie der altaischen Sprachen, zu denen neben Japanisch auch Türkisch, Mongolisch und sogar Koreanisch gehören, ist immer noch sehr umstritten.

Japanische Sprache: kompliziert … oder einfach missverstanden?

Ob Chinesisch, Russisch oder Arabisch: Menschen im Westen finden Sprachen oft schwierig, wenn sie „exotisch“ sind und auf einer ganz anderen als der eigenen Denkweise basieren. Da ist die japanische Sprache keine Ausnahme. Ist Japanisch denn wirklich so schwierig zu lernen? Oder wird die Sprache einfach missverstanden?

„Ich das Brot esse”

Neben den Herausforderungen, die die Schriftsysteme und der Wortschatz, der so gut wie nichts mit europäischen Sprachen zu tun hat, mit sich bringen, verwendet das Japanische eine SOP-Struktur (Subjekt – Objekt – Prädikat). Im Japanischen sagst du also „Ich das Brot esse“ statt „Ich esse das Brot“ (SPO = Subjekt – Prädikat – Objekt).

Für westliche Ohren klingt eine solche Konstruktion wahrscheinlich sehr seltsam, aber tatsächlich gibt es mehr SOP- als SPO-Sprachen in der Welt! Türkisch, Farsi, Baskisch und Lateinisch gehören ebenfalls zu den SOP-Sprachen. Im Japanischen wird das Subjekt auch oft weggelassen, wenn aus dem Kontext klar ist, wer oder was das Subjekt ist. Man findet also häufig auch eine vereinfachte OP-Struktur.

SOP, SPO, PSO, …? Neben SOP und SPO, die Dreiviertel der Sprachen der Welt ausmachen, gibt es auch noch alle möglichen anderen Varianten:

  • PSO-Sprachen („Esse ich das Brot“) wie Arabisch oder das irische Gälisch
  • POS-Sprachen („Esse das Brot ich“) wie Malagasy
  • OPS-Sprachen („Das Brot esse ich“) wie einige Sprachen der indigenen Völker Amerikas
  • OSP-Sprachen („Das Brot ich esse“) sind viel seltener … aber Meister Yoda kennt sich da ganz gut aus.

Mond + Nummer = Monat

Für alle, die Japanisch lernen wollen, gibt aber ein paar gute Nachrichten von der Grammatikfront:

  • Im Japanischen gibt es keinen Plural
  • In der japanischen Sprache gibt es keine bestimmten oder unbestimmten Artikel

Eine weitere Besonderheit der japanischen Sprache ist, dass es keine spezifischen Namen für die Monate gibt. Stattdessen wird das Kanji 月 („Mond”, und darum auch Monat) mit der Nummer des jeweiligen Monats verwendet.

Egal, ob einfach oder schwierig: Was zählt, ist die Motivation, eine neue Sprache zu lernen. Jede Sprache hat ihre ganz spezifischen Merkmale, die sie für den Lernenden oder die Lernende einfach oder schwer machen. Also keine Scheu und viel Spaß beim Entdecken der japanischen Sprache.


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