Von allen Sprachfamilien der Welt gehört die baltische zu den kleinsten. Sie wird in Nordost-Europa auf dem Baltikum gesprochen und gehört zur größeren indoeuropäischen Sprachfamilie, von der sie sich wahrscheinlich um 1400 v. Chr. abspaltete. Welche Sprachen sind aber nun baltische Sprachen?
Dieser Artikel klärt auf, welche modernen Sprachen zur baltischen Familie gehören, von wie vielen Menschen sie gesprochen werden, wie ähnlich sich die einzelnen Sprachen untereinander sind und welche dieser Sprachen du lernen solltest.
Baltische Sprachen: Welche gehören dazu?
Die baltischen Sprachen sind eine Gruppe von verwandten Sprachen, von denen heute nur noch zwei existieren: Lettisch und Litauisch. Eigentlich besteht die baltische Sprachfamilie aus zwei Untergruppen, den ostbaltischen Sprachen (zu denen Lettisch und Litauisch gehören) und den westbaltischen Sprachen, die heutzutage leider nicht mehr gesprochen werden.
Zu ihnen gehörten Altpreußisch, Galindisch und Jatwingisch. Bereits zum frühen 18. Jahrhundert waren diese Sprachen aber aufgrund einer Bevölkerungsassimilation ausgestorben, die vom Deutschen Reich in Preußen etabliert wurde. Heute existieren nur noch einige wenige Schriftzeugnisse der westbaltischen Sprachen.
Wie viele Menschen sprechen eine baltische Sprache?
Insgesamt gibt es 5 Millionen Menschen, die eine baltische Sprache als Erstsprache sprechen. Die meisten von ihnen leben in Lettland und Litauen. Litauisch ist dabei mit 2,8 Millionen Sprechenden in Litauen und Gemeinschaften in den USA, Großbritannien, Brasilien und Kanada die größere der beiden Sprachen.
Lettisch wird von ca. 1,3 Millionen Menschen in Lettland sowie etwa 100.000 weiteren in Großbritannien, den USA und Deutschland gesprochen.
Wie ähnlich sind sich baltische Sprachen?
Da es nunmal weltweit nur noch zwei baltische Sprachen gibt, wollen wir uns diese umso gründlicher anschauen. Sowohl Lettisch als auch Litauisch benutzen das lateinische Alphabet, und das seit ihrem ersten dokumentierten Auftauchen im 16. Jahrhundert.
Auch in Hinblick auf die Grammatik weisen sie zahlreiche Ähnlichkeiten auf. Wie viele andere indoeuropäische Sprachen (zum Beispiel die romanischen und germanischen Sprachen) besitzen Nomen in den baltischen Sprachen grammatikalisches Geschlecht. Im Lettischen sind dies Maskulinum und Femininum, im Litauischen zusätzlich noch Neutrum.
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Die baltischen Sprachen zeichnen sich außerdem durch ihren regen Kasusgebrauch aus (wie auch einige germanische und slawische Sprachen): Sowohl das Lettische als auch das Litauische hat sieben Fälle: Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Instrumental, Lokativ und Vokativ.
Beim Vergleich der Lautinventare beider Sprachen finden wir viele Gemeinsamkeiten, aber auch einige Unterschiede. Besonders auffällig sind die ungewöhnlichen Laute /ɕ/ und /ʑ/, die das Litauische in seinem Konsonanteninventar aufweist, das Lettische hingegen nicht.
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Wenn sich Lettisch und Litauisch so ähnlich sind, können sich dann Sprechende beider Sprachen untereinander verstehen?
In der Tat gibt es in Hinblick auf das Vokabular viele Überschneidungen und die beiden Sprachen haben viele Wörter, die auf den gleichen Ursprung zurückzuführen sind. So heißt beispielsweise „Feuer“ auf Litauisch ugnis und auf Lettisch uguns; „Knochen“ heißt kaulas auf Litauisch und kauls auf Lettisch, „Gras“ heißt žolė auf Litauisch und zāle auf Lettisch.
Allerdings können sich Sprechende des Litauischen und Lettischen dennoch nicht problemlos miteinander unterhalten, wenn jeder seine eigene Sprache spricht. Denn neben den eng verwandten Wörtern gibt es auch viel Vokabular, das sich bedeutend unterscheidet. Warum ist das so?
Beide baltischen Sprachen haben eine Menge Wörter aus den Sprachen ihrer jeweiligen Nachbarn entlehnt. Dieses Lehnvokabular teilen Lettisch und Litauisch in den meisten Fällen nicht. Aber auch Wörter, die auf dieselbe Wurzel zurückgehen, haben oft unterschiedliche Wandelprozesse durchgemacht: So hat sich beispielsweise die Bedeutung eines Wortes in der einen Sprache mit der Zeit verändert, in der anderen hingegen nicht. Das führt letzten Endes dazu, dass ein Großteil des Vokabulars für Sprechende der jeweils anderen Sprache nicht ohne Weiteres verständlich ist.
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Welche baltische Sprache solltest du lernen?
Wenn du es dir in den Kopf gesetzt hast, eine baltische Sprache zu lernen, dann ist Litauisch wahrscheinlich die bessere Wahl, da es von mehr Menschen gesprochen wird und daher eine etwas größere Reichweite hat. Allerdings ist Lettisch für dich möglicherweise einfacher zu lernen, wenn du keine Erfahrung mit baltischen Sprachen hast. Die Gründe dafür:
- Der Wortakzent fällt im Lettischen immer auf die erste Silbe, weshalb du nicht für jedes Wort ein neues Betonungsmuster lernen musst. Im Gegensatz dazu muss im Litauischen bei allen Vokabeln die Betonung mitgelernt werden, da jedes Wort anders betont wird.
- Auch die Verbkonjugation ist im Lettischen einfacher. So sind die Vergangenheitsformen von Verben im Litauischen oft unregelmäßig und müssen extra gelernt werden, während sie im Lettischen normalerweise einfach mit der Endung -ja gebildet werden.
Aber warum ist Lettisch so viel einfacher?
Der Grund dafür ist, dass Litauisch eine der „konservativsten” Sprachen der baltischen (und vielleicht sogar der gesamten indoeuropäischen) Sprachfamilie ist, was bedeutet, dass es sich im Laufe der Zeit nur relativ wenig verändert hat. Es hat daher ältere Formen und Unregelmäßigkeiten bewahrt, die „innovativere” Sprachen längst abgeschafft haben.
Die Nähe zu den Wurzeln macht Litauisch für einige Lernende besonders interessant; vor allem die Tatsache, dass es die wohl urtümlichste Sprache der indoeuropäischen Sprachfamilie ist, erscheint einem schon ziemlich faszinierend!
Im Endeffekt hängt es von deinen Motiven und Interessen ab, welche baltische Sprache du lernen solltest. Wenn du dich dennoch nicht entscheiden kannst, wirf doch einfach eine Münze: Schließlich hast du genau zwei Auswahlmöglichkeiten.