Wenn weder eine noch zwei Sprachen ausreichen, um dich zu verständigen, ist es an der Zeit, in die faszinierende Welt der Hybridsprachen einzutauchen. Mischsprachen sind ein „Mischmasch“ aus zwei Sprachen, die miteinander verschmolzenen sind und die gleichen lexikalischen, grammatikalischen und syntaktischen Elemente in sich vereinen.
Diese beiden unterschiedlichen Situationen verdeutlichen die Besonderheiten von Mischsprachen:
A) Wenn du deine Lernsprache noch nicht beherrschst oder in einer Fremdsprache wenig Kenntnisse hast und stattdessen Elemente deiner eigenen Sprache nachbildest. Zum Beispiel: Wenn Englischsprechende auf Französisch Je vais driver (aus dem Englischen I am going to drive) anstelle von Je vais conduire („Ich werde fahren”) sagen. Oder wenn du als einzige Person falsche Freunde verwendest, wie z.B. actual für „aktuell“ im Englischen, obwohl es eigentlich current heißt.
B) Wenn Menschen aus zwei völlig unterschiedlichen Gesellschaften versuchen, in einer gemeinsamen Sprache zu sprechen, um sich zu verständigen, eine gemeinsame Identität zu schaffen oder sogar Handelsbeziehungen zu knüpfen.
Es gibt Hunderte von Hybridsprachen auf der Welt – heute entdecken wir einige Beispiele.
Mischsprachen: 1. Portuñol/Portunhol
Diese Mischsprache wird in den spanisch-portugiesischen Grenzregionen der Iberischen Halbinsel sowie in Südamerika zwischen Brasilien und spanischsprachigen Ländern wie Uruguay und Paraguay gesprochen. Dem Historiker Norman Berdichevsky zufolge entstand Uruguay als Pufferstaat zwischen den beiden großen Nationen Argentinien und Brasilien. Das Land ist ein gutes Beispiel, denn ein Großteil der Bevölkerung im Norden, etwa 260.000 Menschen, spricht Portuñol. Die Menschen in diesem Gebiet beherrschen die Sprache sehr gut, da sie auch brasilianische Fernsehsender empfangen und sehen können. Laut Berdichevsky ist Portuñol auch der Versuch der Menschen in Uruguay (vor allem der jüngeren Generationen), eine eigene nationale Identität zu entwickeln und so aus Argentiniens Schatten zu treten.
Der Roman Mar Paraguayo des brasilianischen Autors Wilson Bueno ist eines der besten Beispiele für Portuñol. Die Sprache des Romans ist eine Mischung aus Spanisch, Portugiesisch, Portuñol und Guarani (eine indigene Sprache aus Paraguay). Beispiele für Portuñol sind Wörter wie camiáu („Lastwagen“) aus camión im Spanischen und caminhão im Portugiesischen oder Sätze wie Dame este biscoito („Gib mir diesen Keks“). 2015 hat eine Gruppe von Kunstschaffenden und Wissenschaftler:innen eine Petition gestartet, damit die UNESCO Portuñol als immaterielles Kulturerbe anerkennt.
2. Russenorsk/Руссенорск
Russenorsk (auf Deutsch auch „Russennorvegisch“) ist eine Pidginsprache, die heute nicht mehr existiert. Sie wurde im 18. und 19. Jahrhundert in der Arktis zwischen Norwegen und Russland gesprochen (wie in der britischen Fernsehserie Fortitude) und vereinte Elemente beider Landessprachen. Sie entstand als Handelssprache zwischen norwegischen und russischen Fischern und drehte sich hauptsächlich um Fischerei und Handel. Mit der Unabhängigkeit Finnlands von Russland 1917 und der Gründung der Sowjetunion 1922 verschwand auch die russisch-norwegische Grenze und somit das Russenorsk, da es nicht mehr gebraucht wurde.
3. Runglisch/рунглиш
Runglisch ist ein Mischmasch aus Russisch und Englisch, das im All gesprochen wird! Im Jahr 2000 listete die NASA Runglisch erstmals als eine der Bordsprachen der internationalen Raumstation. Dieser „Sprachen-Mischmasch“ wurde zwischen der englisch- und russischsprachigen Besatzung auf der Expedition One gesprochen. Runglisch wurde auch durch Arthur C. Clarkes Roman 2010: Odyssey Two bekannt, wo eine russische und amerikanische Crew eine Kampagne mit dem Motto „Russlish ausrotten“ starteten, um die Langeweile zu bekämpfen. Hier sind einige Beispiele: Слайсающий чиз (slaysayushiy chiz) für „Scheibenkäse“ und Аисд кофе (Aisd kofe) für „Eiskaffee“. Vom All zurück auf die Erde: In der russischen Gemeinde von Brighton Beach in Brooklyn, New York, wird immer noch etwas Runglisch gesprochen.
4. Belgranodeutsch
Diese Sprachmischung sprechen die Nachkommen der eingewanderten Deutschen in Belgrano, einem Viertel in Buenos Aires. Die germano-argentinos oder Deutschargentinier stellen die viertgrößte Gruppe der Eingewanderten in Argentinien dar. Doch leider hat ihre Sprache nicht mit ihnen überlebt und nur wenige Wörter haben es in den heutigen Wortschatz geschafft. Ein ähnliches Sprachen-Mischmasch ist „Lagunendeutsch“ oder „Launadeutsch“, das um den Fluss Lago Llanquihue in Chile gesprochen wird. Beispiele hierfür sind Wörter wie lechen von „melken” im Deutschen und leche im Spanischen, Vacke von vaca im Spanischen und „Kuh” im Deutschen, sowie Sätze wie Das ist ein asco („Das ist ekelhaft“).
Belgranodeutsch ist nicht zu verwechseln mit Alemañol, das Spanischsprechende verwenden, die in deutschen Sprachgebieten leben. Beispiele hierfür sind: la banjof anstelle von „der Bahnhof” und Sätze wie Voy a la kela („Ich gehe in den Keller“) anstelle von „Keller” oder Vamos a einkaufar? („Sollen wir einkaufen gehen?“) anstelle von „einkaufen”.
Mischsprachen: 5. Spanglisch/Inglañol
Den Begriff prägte in den 1940er Jahren der puerto-ricanische Journalist und Dichter Salvador Tió. Er bezeichnet eine Mischsprache, die von mexikanischen Amerikaner:innen, insbesondere in Südkalifornien und anderen hispanischen Gemeinschaften in New York, Miami und Texas gesprochen wird. Es wird auch in Panama und Puerto Rico gesprochen, aber es gibt deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Varietäten von Spanglisch: Es gibt zum Beispiel el Dominicanish (Dominikanisch und Englisch), el Tex Mex (Mexikanisch und Englisch), el Cubonix (Kubanisch und Englisch) und weitere. Spanglisch sprechen etwa 40 Millionen Menschen (fast so viel wie die Gesamtbevölkerung Spaniens). Für Personen, die Englisch oder Spanisch als Muttersprache haben, ist es manchmal sehr schwer zu verstehen.
Beispiele für Spanglisch sind die Verwendung der englischen Verben mit spanischen Endungen, wie parquear (von to park, „parken”) anstelle von estacionar, rentar (von to rent, „mieten”) anstelle von alquilar, Entlehnungen wie llamar para atras (von to call back, „zurückrufen”) anstelle von devolver la llamada, Arnold Schwarzeneggers legendärer Spruch Hasta la vista, baby oder dieser verrückte Satz: Marla fue a la washateria pero no tenía un daim para estartear la máquina (Marla ging in den Waschsalon, aber sie hatte keine Münzen, um die Maschine anzumachen). Loco, oder?
Mischsprachen erfüllen einen ganz besonderen Zweck, auch wenn sie das Sprachenlernen nicht unbedingt einfach machen. Wir empfehlen dir also auf jeden Fall, zunächst eine Sprache fließend zu lernen. Viel Spaß!