E-Learning in Krisenzeiten Tipps für den digitalen Unterricht von einer Sprachlehrerin

E-Learning ist zur Zeit für Millionen von Schüler*innen und Studierenden die vorrangige Unterrichtsart. Eine erfahrene Sprachlehrerin verrät, wie man angesichts neuer Herausforderungen mithilfe von Sprachlern-Apps und Video-Unterricht eine motivierende Blended-Learning-Erfahrung kreiert.
Empty classroom

Laut UNESCO  hat die Coronavirus-Pandemie in 185 Ländern zur Schließung von Schulen geführt, womit die Ausbildung von über 1,5 Milliarden Schüler*innen und Studierenden auf der ganzen Welt unterbrochen wurde. Von einem Tag auf den anderen schlossen Schulen, Universitäten verschoben den Semesterstart nach hinten und viele Unternehmen schickten Angestellte, die nicht unbedingt vor Ort gebraucht werden, ins Homeoffice.

Im Bereich der Bildung brachte die Pandemie eine plötzliche und radikale Veränderung mit sich: vom klassischen Präsenzunterricht im Klassenraum hin zu Onlineformaten, die größtenteils nicht ausreichend im Vorfeld getestet wurden. Universitäten, Schulen und andere Bildungseinrichtungen mussten quasi über Nacht auf virtuellen Unterricht und Fernstudium umschwenken. Aktuell sehen sich Lehrkräfte mit der Frage konfrontiert, welche digitale Lernplattform sie nutzen sollen, wo sie qualitativ hochwertige Ressourcen finden und wie sie in einem herausfordernden und ungewohnten Umfeld angemessen Lerninhalte vermitteln können. Für viele Dozent*innen und Lehrkräfte ist Online-Unterricht Neuland, und sie haben Probleme damit, sich so schnell anzupassen, wie es die Situation momentan erfordert.

Dies wirkt sich ganz besonders auf den Bereich des Sprachenlernens aus, wo das Klassenzimmer oft als „sicherer Ort“ gesehen wird, an dem die Lehrkräfte ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Lernenden aufbauen. Für einen kommunikationsorientierten Sprachunterricht muss ein Umfeld geschaffen werden, in dem sich die Teilnehmenden wohlfühlen, ihre Sprechfertigkeiten zu trainieren und miteinander zu interagieren. Einige Lehrkräfte für Sprachunterricht befinden sich nun in der misslichen Lage, diesen Gemeinschaftssinn in einer Online-Umgebung aufbauen zu müssen, während sie sich gleichzeitig mit Programmen für digitale Konferenzen herumschlagen und die für Präsenzunterricht konzipierten Materialien für den Online-Unterricht anpassen müssen.

Natürlich wirkt sich diese Situation sowohl auf die von den Schulschließungen betroffenen Sprachlehrkräfte als auch auf die Lernenden aus. Trotz alledem kann der gegenwärtige Shutdown von Universitäten und Schulen auch als Chance gesehen werden, neue pädagogische Methoden zu erkunden und den Bereich des E-Learnings weiter auszubauen, indem bewährte Werkzeuge und Ansätze mit innovativen Methoden kombiniert werden. Lehrkräfte und Lernende können nicht nur die traditionellen Methoden, sondern auch die Sichtweise auf Bildung allgemein und die Rolle der Digitalisierung in diesem Bereich ganz neu überdenken.

Was Blended Learning bieten kann

Ein großartiges Beispiel dafür, wie die Kombination aus Technologie und Online-Lehre dem aktuellen Bedürfnis nach Digitalisierung und Flexibilität entgegenkommt, ist der Kurs „Webbasiertes interaktives Italienisch A1-A2“ von Laura Capitani, der seit 2013 am Sprachenzentrum der Universität Maastricht angeboten wird.

Laura Capitani – ihres Zeichens leidenschaftliche Italienischlehrerin und Technologieenthusiastin – erkannte schon in den frühen Nullerjahren den großen Einfluss des Internets auf Sprachenlernen und -lehre. Deshalb suchte sie nach neuen Wegen, um Technologie in ihren Unterricht einzubinden. Bereits seit sieben Jahren  integriert Laura nun Babbel in den Lehrplan ihrer Anfängerkurse für Italienisch und hat auf diese Weise ein einzigartiges Programm erstellt, dass Elemente von Blended Learning und der Flipped-Classroom-Methode („Umgedrehter Unterricht“) zusammenbringt.

In Lauras Programm beginnen die Studierenden mit den Lektionen von Babbel, Italienisch zu lernen. Wenn sie die entsprechenden Lektionen bearbeitet haben, wiederholen sie das Gelernte und üben mit zusätzlichen Aufgaben, die Laura mithilfe anderer Apps wie zum Beispiel  Quizlet erstellt. Nach dieser Wiederholung und Verfestigung bereiten sich die Studierenden auf den Online-Unterricht mir ihrer Lehrerin vor. Hier haben sie die Möglichkeit, Fragen zur Grammatik zu klären, aber vor allem auch ihre Sprechfertigkeiten zu trainieren. So meint einer von Lauras Studierenden: „Während der Skype-Anrufe lernte ich deshalb sehr viel, weil ich die ganze Zeit Italienisch sprechen musste. Und manchmal verstand ich die Grammatikerklärungen von Babbel nicht so ganz, weshalb es gut war, jemanden fragen zu können.“

Lauras Methode, interaktive Übungen der Babbel-App mit Online-Unterricht zu kombinieren, hat sich als effektiver Ansatz für Online-Sprachenlernen herausgestellt: Technologie auf der einen Seite, kombiniert mit menschlicher Interaktion auf der anderen Seite. Die App erlaubt es den Studierenden, in ihrem eigenen Tempo zu lernen, während die Lehrkraft sie unterstützt, ihnen die Möglichkeit zum Sprechen bietet und individuelles Feedback zu ihren Sprachkompetenzen gibt. Ein anderer Studierender von Laura sagt: „Seit vielen Jahren lerne ich jetzt verschiedene Sprachen auf unterschiedliche Art und Weise – von der Sprachschule mit 20 Leuten bis hin zum Privatunterricht via Skype – aber Lauras Methode erfüllt die Sprachlern-Standards des 21. Jahrhunderts (und auch meine eigenen) am besten.“

Das positive Feedback der Studierenden zeigt, dass die Mischung aus technologiebasierten Übungen und Online-Unterricht ein handfestes und effektives Mittel ist, um eine Sprache zu lernen. Studierende schätzen den Blended-Learning-Ansatz und wünschen sich dasselbe Format auch für andere Sprachkurse. „Der A1-Kurs für Italienisch mit Live-Unterricht und App war eine toll aufgebaute Lernerfahrung. Immersive und unterhaltsame Übungen wurden mit motivierenden optischen und akustischen Stimuli kombiniert.“

Lauras Modell kann leicht für andere Lernkontexte angepasst werden: Es lässt sich für Weiterbildungen in Unternehmen nutzen, wenn Mitarbeitende an verschiedenen Standorten arbeiten, sodass alle am selben Online-Unterricht teilnehmen können. Auch in Einrichtungen für Erwachsenenbildung, wie zum Beispiel an privaten Sprachschulen, an Volkshochschulen oder sogar, wie Lauras Beispiel beweist, im akademischen Bereich, kann dieses Modell zum Einsatz kommen.

Den traditionellen Unterricht umzudrehen“, wie Laura es nennt, indem man mithilfe von webbasiertem, interaktiven Lernen ein Blended-Learning-Umgebung schafft, erlaubt es Lehrkräften, differenzierte Lernstrategien anzuwenden, die den Lernpfad für jeden Studierenden ganz individuell gestalten. Je nach Bedürfnissen und Neigungen kann Laura den Kurs für jeden Lernenden durch spezielle Aufgabenstellungen individualisieren und zusätzliches Lernmaterial zur Verfügung stellen, um spezifische Kompetenzen wie Hörverstehen oder Schreiben zu fördern. Dies bedeutet für die Studierenden mehr Unabhängigkeit und die Freiheit, im individuellen Tempo zu lernen und mehr individuelles Feedback zu erhalten.

Lauras Online-Unterricht findet in Form von Einzelunterricht statt, in dem sie sich Zeit für jeweils einen einzigen Lernenden nimmt, um Sprechkompetenzen in unterhaltsamen und interessanten Konversationen zu üben. Dennoch glaubt Laura, dass „dieses Modell sich problemlos auch für ganze Kurse mit 10–12 Studierenden anwenden lässt, denn die Technologie macht es möglich. Die meisten Konferenztools wie Zoom erlauben es der Lehrkraft, einzelne Räume einzurichten, sodass Studierende entweder zu zweit oder in Gruppen zusammenarbeiten und miteinander interagieren können.“ 

Praktische Tipps zur Implementierung von Blended Learning im virtuellen Klassenzimmer

Mit ihrer langjährigen Erfahrung weiß Laura nur zu gut, mit welchen Hindernissen und Schwierigkeiten Lehrkräfte momentan zu kämpfen haben. Deshalb hat sie hier einige Ratschläge und praktische Tipps, die dabei helfen, erfolgreich erste Schritte in der Welt der digitalen Lehre zu machen.

  • Entscheide dich für ein zuverlässiges Konferenztool und mache dich Schritt für Schritt mit allen Funktionen vertraut, nicht gleich mit allen auf einmal. Es ist wichtig, dass du dich bei der Nutzung sicher fühlst, bevor du ein Konferenztool für Lehrzwecke anwendest. Aber keine Panik! Selbst wenn du zu Beginn nicht alle Funktionen perfekt beherrschst, werden die Lernenden Verständnis zeigen. 
  • Bringe deine Lernenden dazu, zu sprechen, sei es in Gruppen, zu zweit oder mit dir. In deinem Online-Unterricht wollen sie so viel wie möglich sprechen und das, was sie in der App gelernt haben, praktisch anwenden. Integriere Aktivitäten wie Rollenspiele oder Diskussionsrunden, damit die Lernenden die Möglichkeit haben, auch länger am Stück zu sprechen. 
  • Personalisiere die Lernerfahrung, indem du jedem Lernenden je nach Bedürfnis zusätzliches Material zum Weiterüben vorschlägst. Wenn die Teilnehmenden ihr Leseverständnis vertiefen sollen, kannst du ihnen die Aufgabe geben, einen Artikel zu lesen und die wichtigsten Informationen dann für den Online-Unterricht zusammenzufassen (beispielsweise aus Lokal- oder Gratiszeitungen, deren Vokabular meist relativ einfach ist). Zur Wiederholung eines bestimmten Grammatikthemas wie Zeitformen oder Artikel kannst du deinen Lehrplan mit individuellen Übungen aufpeppen, die sich mit Online-Anwendungen wie  LearningApps ganz einfach erstellen lassen.
  • Bereite einen konkreten und detaillierten Lernpfad vor, dem die Lernenden selbstständig folgen können, und beschreibe ganz genau, welche Babbel-Lektionen wann bearbeitet werden sollen. 
  • Integriere sowohl asynchrone als auch synchrone Lektionen und biete zusätzliches Material an, zum Beispiel mit anderen Apps wie Quizlet. Du kannst auch YouTube-Videos zur Hilfe nehmen, die etwas mit dem gerade behandelten Thema zu tun haben.
  • Im Vergleich zum traditionellen Präsenzunterricht kann es sein, dass den Lernenden die zwischenmenschliche Note und eine motivierende Gruppenatmosphäre fehlt. Baue eine persönliche Beziehung zu den Lernenden aus dem Online-Kurs auf und nutze Körpersprache sowie Gesichtsausdrücke, um die Distanz zu überwinden. Und ganz wichtig: Hab Spaß am Unterrichten!

Hinweis: Babbel bietet im Moment freien Zugang für Schüler*innen und Studierende, die von Schul- und Universitätschließungen betroffen sind. Weitere Inforationen zu diesem Angebot findest du hier.

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