Meine deutschen Lieblingswörter: von der Naschkatze zur Schnapsidee

Die deutsche Sprache genießt sowohl national als auch international nicht gerade den besten Ruf – zu Unrecht, finden wir! Denn das Deutsche hält einige wundervolle Wörter bereit. Hier sind unsere 7 Favoriten.
Deutsche Lieblingswörter

Deutsch ist die Sprache der Dichter und Denker – aber kann sie auch schön sein? Der Deutsche Sprachrat war davon überzeugt, und hat so 2004 den Wettbewerb zum schönsten deutschen Wort ins Leben gerufen. Die Gewinner und damit schönsten Wörter waren Habseligkeiten, Geborgenheit und lieben – wenn es nach mir gegangen wäre, wären es die mittelhochdeutsche Auslautverhärtung und die Bauernknackwurst geworden. Aber man kann ja nicht alles haben.

Aber wie sieht es mit dem Ruf der deutschen Sprache im Ausland aus? Deutsch ist schließlich international nicht gerade dafür bekannt, wunderschön zu sein, oder? Nun, und hier kommt mein Kollege Ed ins Spiel – der mag Deutsch nämlich sehr gerne. So gerne, dass er eine Liste mit seinen liebsten deutschen Wörtern zusammengestellt hat; eine Liste, die Muttersprachlern Einblicke darüber gibt, was an der deutschen Sprache liebenswert sein kann und wie sich Sprachenlerner die Bedeutung von deutschen Wörtern zusammenreimen, über die wir uns wahrscheinlich im Alter von 4 Jahren das letzte Mal gewundert haben. Vielleicht regt die Liste ja doch den einen oder die andere – Muttersprachler oder nicht – an, sich (wieder) in die deutsche Sprache zu verlieben… Hier ist sie also:

Das erste deutsche Lieblingswort: Tollpatschig

Deutsches Lieblingswort Tollpatschig

Da Tollpatsch im Jahr 2008 in einem Wettbewerb des Goethe-Instituts zum besten eingewanderten Wort gewählt wurde, sind einige von euch vielleicht mit seiner Etymologie vertraut: Es wurde im 17. Jahrhundert aus dem Ungarischen entlehnt und kommt von talpas, welches wiederum von talp („Sohle“) stammt und „(breit-)füßig“ bedeutet. Es wurde im Österreichischen zunächst als Spottbezeichnung für Soldaten ungarischer oder slawischer Herkunft verwendet, da diese statt festem Schuhwerk nur befestigte Sohlen trugen. Durch volksetymologische Umdeutung und seine Ähnlichkeit zu den deutschen Wörtern toll („verrückt“), Tölpel („ungeschickter, dummer Mensch“) und patschen („laut auftreten oder zuschlagen“) hat sich die Bedeutung des Wortes schließlich gewandelt. Heute bezeichnet es darum üblicherweise einen Menschen, der sich ungeschickt oder tölpelhaft verhält.

So weit, so gut – aber wie wird das Wort von jemandem verstanden, der sich seinem etymologischen Hintergrund nicht gewiss ist? Ganz einfach und sehr viel direkter: Patsch ist der Klang, den eine Flüssigkeit beim Verschütten macht. „Toll“! ist der sarkastische Ausruf, der daraufhin von der Person folgt, auf der die Flüssigkeit gelandet ist. Die logische Schlussfolgerung: Tollpatschig zu sein heißt, „super patschig“, also ein „Super-Flüssigkeiten-Verschütter“ zu sein, was eine tollpatschige Person im Grunde doch genau beschreibt…

Das Kopfkino

Kopfkino

Da soll nochmal jemand sagen, dass Deutsche unkreativ sind: Wir sind so ziemlich die einzigen, die ein Wort für ein Konzept haben, das jeder Menge Kreativität bedarf: Die Fähigkeit, sich eine Situation in der eigenen Vorstellung bis ins kleinste Detail auszumalen. Leider macht diese Fähigkeit nicht immer vor ekelhaften oder beunruhigenden Dingen halt. Und damit bei euch jetzt kein Kopfkino entsteht, bringen wir dafür keine Beispiele und machen schnell weiter…

Die Naschkatze

Naschkatze

Warum beschreiben wir eigentlich jemanden, der gerne nascht, als Naschkatze, obwohl Katzen sich eigentlich gar nicht von süßen Lebensmitteln ernähren? Vielleicht liegt es an der katzenhaften Eigenschaft, gerne an allem zu schnuppern und zu probieren, oder daran, dass Katzen allgemein als Feinschmecker bekannt sind. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass das althochdeutsche Wort nascōn die Bedeutung „schmarotzen“ innehält und Katzen sich ja bekanntlich gerne am Essen, aber nicht am Haushaltsbudget beteiligen. Wie dem auch sei: Das Internet liebt Katzen, wir Deutschen finden sie auch süß, und genauso Ed – so hat es Naschkatze für ihn in die Liste der schönsten deutschen Wörter geschafft.

Der Ohrwurm

Ohrwurm

Dieses Wort ist sogar so gut, dass es manche Englisch-Sprecher im Schadenfreude-Stil in ihr Vokabular aufgenommen haben. An dieser Stelle können wir auch ruhig mal zugeben, dass wir Deutschen beim Wort Ohrwurm auf jeden Fall etwas richtig gemacht haben. Denn das Gefühl, dass sich ein Lied wie ein Wurm im Ohr eingenistet hat, sich dort langsam aber sicher Richtung Gehirn vortastet und einen entweder verrückt oder so geistig labil macht, dass man nur noch fröhlich vor sich hin pfeift, wird mit dem Wort Ohrwurm etwas unappetitlich, aber dennoch treffend beschrieben.

Die Schnapsidee

schnapsidee

Schnaps ist bereits ein fester Bestandteil des englischen Vokabulars – umso verwunderlicher, dass es die fast zwangsläufig folgende Schnapsidee noch nicht in englischsprachige Wörterbücher geschafft hat. Die häufigste Schnapsidee, die wahrscheinlich eher eine Bier-Wein-Cola-Whisky-und-dann-noch-ein-Kurzer-Kräuterschnaps-Idee ist, lautet wahrscheinlich: „Wir sollten eine Bar aufmachen!“ Wenn du diese Idee dann aber noch fortsetzen willst, wenn du nüchtern bist, könnte man fast sagen, du bist ein wenig…

Dickköpfig

dickköpfig

…. dickköpfig! Dass wir Deutschen ein Wort dafür haben, eine Idee unabhängig von ihrem tatsächlichen Wert umzusetzen, ist vielleicht etwas bezeichnend. Aber Kopf hoch: Denn auch auf Englisch gibt es ein Wort für Dickköpfigkeit: pig-headed – „schweinsköpfig“.

Die Ahnungslosigkeit

Ahnungslosigkeit

Ahnungslosigkeit ist der lebende (nun ja, wörtliche) Beweis dafür, dass wir Deutschen nicht allein damit sind, sperrige Wörter zu haben: Ihr englisches Äquivalent (clue-less-ness – „Ahnungs/Hinweis-los-igkeit“) wird nämlich genauso geformt. Ed liebt das Wort vor allem darum, weil es unglaublich schwer auszusprechen ist – man fühlt die Ahnungslosigkeit über die deutsche Sprache quasi am eigenen Leibe, wenn die ungewohnten Laute einem Knoten in der Zunge bereiten und danach der Kiefer weh tut. Aber irgendwann lernt man die deutsche Sprache dann doch – und irgendwann lernt man sie bestimmt auch lieben.

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