In welchem Land werden die meisten Sprachen gesprochen?

In diesen sieben Ländern wird insgesamt fast ein Drittel aller Sprachen der Welt gesprochen! Und welches Land ist das vielsprachigste der Welt? Kleiner Tipp: Es hat weniger Einwohner als New York City!
Mann auf Boot im Land, wo die meisten Sprachen gesprochen werden

Viele von uns sind in einem Land aufgewachsen, in dem es nur eine offizielle Sprache gibt oder nur diese eine Sprache tatsächlich gesprochen wird – und wir nehmen dann an, dass das Erlernen einer Fremdsprache eine Abenteuerreise ist, in deren Verlauf wir die Grenzen unserer Kultur überwinden werden. Für viele Menschen auf der ganzen Welt ist das Sprechen einer zweiten oder gar dritten Sprache aber einfach ein Teil ihres normalen, alltäglichen Lebens. Aber welches ist das Land mit den meisten Sprachen?

Wir haben einige der vielsprachigsten Länder recherchiert. Unsere Auswahlkriterien sind nicht auf die reine Anzahl der gesprochenen Sprachen beschränkt, denn sonst würden die USA die Liste anführen, da dort mehr als 350 Sprachen gesprochen werden. Stattdessen haben wir Länder ausgewählt, in denen die Vielsprachigkeit ein integraler Bestandteil der Gesellschaft ist und wo es völlig normal ist, von einer Sprache in die andere zu wechseln, wenn man von einer Stadt in die andere fährt.

Luxemburg

Beginnen wir in Europa. Auf der Liste könnten die Schweiz (vier Amtssprachen) oder Belgien (drei Amtssprachen) stehen, aber wie in den meisten vielsprachigen Ländern Europas sind es voneinander abgegrenzte Bevölkerungsgruppen, die diese Sprachen tatsächlich sprechen. Luxemburg bildet jedoch die Ausnahme. Als kleines Fürstentum im Herzen Europas hat Luxemburg gleich drei Amtssprachen: Französisch, Deutsch und Luxemburgisch. Das klingt erst einmal noch nicht viel, aber sowohl im Bildungssystem als auch auf offiziellen Dokumenten werden alle drei Sprachen einbezogen und genutzt. Die meisten gebürtigen Luxemburger sprechen alle drei Sprachen fließend, weshalb man das Land getrost als dreisprachige Gesellschaft bezeichnen kann – eine Seltenheit und ein kleines Wunder.

Serbien

Aus den Ruinen von Jugoslawien entstanden verschiedene Länder, eines davon Serbien. Seine offizielle Amtssprache ist Serbisch, aber durch die ereignisreiche Vergangenheit ist es dort auch möglich, verschiedenen anderen Sprachen zu begegnen. Ältere Menschen sprechen durch den ehemaligen Einfluss der Sowjetunion noch Russisch, und da das Serbische dem Bosnischen, Kroatischen und Montenegrinischen ähnlich ist, können sich die Sprecher dieser vier Sprachen untereinander verständigen. In bestimmten Gegenden hört man auch Ungarisch, Rumänisch, Slowakisch und Albanisch (vor allem in grenznahen Gebieten dieser Länder). In der Provinz Vojvodina alleine gibt es sechs offizielle Sprachen: Ungarisch, Serbisch, Rumänisch, Kroatisch, Slowakisch und Ruthenisch. Und bei einem Besuch Zentralserbiens hört man vielleicht ab und zu sogar Bulgarisch.

Außerdem werden in der geografischen Gegend des ehemaligen Jugoslawiens Mazedonisch und Slowenisch gesprochen. Man trifft also in allen heutigen Nachfolgestaaten auf Menschen, die beide Sprachen verstehen und sprechen – vor allem natürlich in den Nachfolgestaaten Mazedonien und Slowenien.

Englisch wird bereits früh als Pflichtfach in der Schule gelehrt. Deutsch ist nicht verpflichtend, aber es hat als Wahlfach einen hohen Stellenwert für Menschen, die beispielsweise Serbien verlassen, um in einem anderen Land zu arbeiten – in diesem Fall oft in Österreich.

Und was nicht außer Acht gelassen werden sollte: Das Serbische besitzt zwei verschiedene Alphabete, nämlich das lateinische und das kyrillische. Man kann sich für eines der beiden entscheiden, aber in beiden Fällen gilt das Prinzip, ein Wort so zu schreiben, wie man es ausspricht, sodass Lernenden und Lesenden eine große phonetische Präzision vermittelt wird.

Südafrika

Als in Südafrika die Apartheid zu Ende ging, wurde auch der Grundsatz über Bord geworfen, dass es so etwas wie ein Zuviel an Amtssprachen geben könnte: Momentan hat Südafrika elf Amtssprachen! Aber den größten Teil seiner Geschichte waren Afrikaans (ein Ableger des Niederländischen, das von den ersten Siedlern im Jahr 1652 gesprochen wurde) und Englisch (das ab 1822 mit der zweiten Welle der Kolonialisierung in das Land kam) die vorherrschenden Sprachen.

Die Geschichte Südafrikas ist besonders paradox im Vergleich zu anderen Ländern, die auch eine Kolonialgeschichte haben. Im Gegensatz zu anderen kolonialisierten Ländern, in denen Landessprache und Dialekte rigoros ausgerottet wurden, war die einheimische Sprache während der jahrhundertelangen Kolonisierung in Südafrika nicht verboten. Tatsächlich ermunterten die Besiedler die einheimische Bevölkerung sogar, diese Sprachen zu sprechen, um so eine kulturelle Trennung voranzutreiben und gleichzeitig den Zugang zu allen höheren Posten, die von den Weißen besetzt wurden, unmöglich zu machen. Viele eingeborene Bevölkerungsgruppen, die kein Englisch sprachen, wurden auf diese Weise linguistisch eingezäunt – und die Demokratie Millionen Menschen über Generationen hinweg vorenthalten.

Nach dem Ende der offiziellen Rassentrennung wurden neben Afrikaans und Englisch weitere Sprachen als Amtssprachen anerkannt: Ndebele, Nord-Sotho, Sotho, Swazi, Tsonga, Tswana, Venda, Xhosa und Zulu. In einem Land mit einer solchen Sprachvielfalt wie Südafrika sprechen die meisten Bürger mehr als nur eine Sprache.

Russland

Russland, das sich über zwei Kontinente erstreckt, ist die Heimat einer Vielzahl an Sprachen, die sich innerhalb der Grenzen der Russischen Föderation über mehr als 20 Republiken verteilen. Diese Sprachen werden in ihren jeweiligen Teilrepubliken als offiziell anerkannt: Adygeisch, Baschkirisch, Inguschisch, Kabardinisch, Balkarisch, Tatarisch, Kalmückisch, Abasinisch, Tscherkessisch, Karatschai, Nogaisch, Mari, Mordwinisch, Komi, Ossetisch, Udmurtisch, Tschetschenisch und Tschuwaschisch.

Die offizielle Sprache ist aber immer noch Russisch, es ist also möglich, dieses riesengroße Land zu bereisen und sich verständlich zu machen, wenn man Russisch spricht.

Indonesien

Für die Sprachvielfalt Indonesiens ist sicherlich seine geografische Lage verantwortlich. Mit ungefähr 18.000 Inseln (von denen 922 bewohnt sind) muss es ja fast zwangsläufig eine solche Sprachvielfalt geben. Viele Einwohner ein und derselben Insel sprechen nicht einmal dieselbe Sprache, obwohl die malaiische Sprache (Bahasa Indonesia), die aus der malaiischen Handelssprache entstanden ist, in den 1930er Jahren zur Amtssprache gemacht wurde und heute in den Schulen überall im Land gelehrt wird. Rund 20 Millionen Menschen sprechen diese als Muttersprache und weitere 140 Millionen Menschen als erste Fremdsprache.

In Indonesien gibt es 240 Millionen Menschen und viele verschiedene ethnische Gruppierungen, so dass es im ganzen Land mehr als 725 Sprachen gibt – von denen viele Gefahr laufen, in einer zunehmend globalisierten Welt zu verschwinden.

Indien

Es ist eher schwierig, offizielle Angaben zu Sprachen in Indien zu erhalten, aber was man mit Gewissheit sagen kann, ist, dass es in Indien viele Sprachen gibt, angefangen von den 22 Sprachen, die von der Verfassung anerkannt werden, einschließlich Bengalisch, Panjabi, Hindi und Tamil, wobei, neben Englisch, Hindi in der Devanagari-Schrift als Amtssprache der Regierung von Indien anerkannt wird. Englisch, die Sprache der ehemaligen Kolonialmacht, wird auch von 90 Millionen Menschen fließend gesprochen, und zwar von den Teilen der Bevölkerung, die eine bessere Ausbildung genossen und eine höhere hierarchische Stellung haben. Hindi wird von ungefähr 40 Prozent der Inder gesprochen, vor allem im Norden und in der Mitte des Landes. Es gibt jedoch keine offizielle landesweite Amtssprache. In der Volkszählung von 1961 wurden in Indien 1.652 „Muttersprachen“ im ganzen Land erfasst, ob diese Zahl sich jedoch ausschließlich auf Sprachen bezieht oder auch Dialekte mit einschließt, ist unklar. Um noch mehr Unklarheit zu stiften: Viele dieser damals so bezeichneten Sprachen wurden gar nicht gesprochen, und manche Menschen verwechselten auch die Sprache mit dem Namen ihrer Kaste.

In der Volkszählung von 2001 wurden 122 größere Sprachen im ganzen Land aufgelistet sowie 1.599 kleinere Sprachen (darunter eventuell auch Dialekte). Jüngsten und etwas zuverlässigeren Forschungen zufolge sind es 780 Sprachen, wobei vermutet wird, dass es weitere 100 Sprachen geben könnte.

Wie auch immer die korrekten Zahlen sein mögen, nach Angaben, die nicht von der Regierung selbst stammen, sollen in den letzten 50 Jahren 220 indische Sprachen verschwunden sein. Weitere 150 Sprachen sind innerhalb der nächsten 50 Jahre vom Aussterben bedroht, da die Menschen sterben werden, die sie sprechen, und die nachfolgenden Generationen die Sprache ihrer Eltern nicht mehr lernen.

Land mit den meisten Sprachen: Papua-Neuguinea

Den Titel des vielsprachigsten Landes der Erde verliehen zu bekommen mag für viele eine Ehre sein, für manche Grund zur Sorge; aber Papua-Neuguinea hat ihn sich redlich verdient. Das von vielen verschiedenen Stämmen besiedelte Land mit lediglich etwa 9,4 Millionen Einwohnern kann mehr als 840 Sprachen aufbieten. Leider werden viele dieser Sprachen von weniger als 1000 Menschen gesprochen, sodass diese Sprachen unter dem immer größer werdenden Einfluss von Englisch und Tok Pisin, einer vom Englischen abgeleiteten Kreolsprache, vom Aussterben bedroht sind.

Die beiden anderen Amtssprachen sind Hiri Motu und die Zeichensprache Papua-Neuguineas, die 2015 zur offiziellen Amtssprache erklärt wurde.

Es scheint also, als ob es gar nicht so ungewöhnlich ist, vielsprachig zu sein. Sei ein Teil dieses globalen Trends und lerne eine neue Sprache!
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